Kommentar: Zukunftsfeste

Das Wort hat einen schönen Doppelsinn: Eine akademische Studie untersucht Chancen für „zukunftsfeste“ – also dauerhaft lebendige – Innenstädte, und zugleich ist gemeint: Ohne Feste wird dabei nicht viel gehen.
Die Zahlen nach fast zwei Corona-Jahren sind bedrohlich für die untersuchten Innenstädte. Von 15 Prozent Leerstand der Geschäfte ist die Rede, von zehn Prozent Frequenzrückgang. Das sind Querschnittswerte fürs ganze Land; hier im Osten sieht es deutlich schlimmer aus. Für Cottbus lässt sich zugespitzt sagen: Wenn sich die Politik nicht ändert, waren 30 erfolgreiche Jahre Innenstadt-Umbau für die Katz.
In der Spreegalerie gibt es seit Donnerstag eine Wanderausstellung über Innenstadterfolge. Solches Schulterklopfen, stellen jetzt alle drei Handelskammern Brandenburgs fest, wird der aktuellen Notlage in keiner Weise gerecht. Schon stehen die kommenden Weihnachtsmärkte infrage oder sollen nur unter tödlichen Auflagen zugelassen werden. Falls sie nicht stattfinden, würden auch „ereignisabhängige“ Sonntags-Ladenöffnungen im Advent ausfallen. Das sind Killer-Strategien gegen den Einzelhandel.
Die Kammern fordern in einem Schreiben an die zuständigen Ministerien eine Reform des Ladenschlussgesetzes (besser: ganz tilgen) und die Abkopplung der verkaufsoffenen Sonntage von dem unsinnigen „Anlassbezug“. Nur wo ein Volksfest läuft, dürfen (mit Landes-Genehmigung) derzeit Läden sonntags öffnen. Die menschenleeren Kirchen mit ihrer Schöpfungslehre seien ein Hauptargument für Sonntagsruhe, heißt es. Wie weltfremd! Wer ins Wirtschaftswunderland China reist wird sehen, dass die fleißigen Menschen nur sonntags einkaufen, von früh bis in die späte Nacht. Und der Tag wird dort zum Fest für die Familien. Auch in näheren südeuropäischen Ländern haben die Leute Spaß am Sonntagseinkauf, während hierzulande die Politik den Frust forciert. Warum eigentlich? J.H.

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