Den Titel “Landrat” gibt es im Kreis Cottbus fast dreihundert Jahre. Zuvor hatte ein Amtshauptmann die königlichen Belange vor Ort durchzusetzen. Erster Landrat war Adam Jobst von Löben auf Krieschow, geboren 1674. Er bekleidete in der Geschichte der Lausitz wichtige Funktionen. Dabei diente er sowohl den Sachsen als auch den Preußen. Zunächst war er ab 1701 sächsischer Hochfürstlicher Stallmeister in Spremberg, dann Hofmeister der sächsischen Herzöge (aus der Merseburger Linie). Von 1717 bis 1740 war er erster Landrat des preußischen Kreises Cottbus und als Krönung der Karriere Landesdirektor der sächsischen Niederlausitz unter dem Dresdener König Friedrich August II. Seinen Besitz in Krieschow verkaufte er 1733 und erwarb dafür Groß Oßnig. Zwei weitere Cottbuser Landräte sollten später auf Krieschow wohnen.
Das alte Dorf
Etwas abseits von der heutigen B 115, 13 Kilometer von Cottbus in Richtung Vetschau liegt das alte Dorf Krieschow, 1315 erstmals erwähnt. Von wenigstens 1443 bis 1597 hatte die in der Lausitz weit verbreitete Familie von Seiffertitz den Rittersitz inne. In dieser Zeit gehörten ihr allein im Cottbuser Kreis außerdem noch Eichow, Klinge, Klein Lieskow, Limberg und Müschen. Die Seiffertitz müssen auch die Dorfkirche mit dem imposanten, unverputzten Backsteinturm errichtet haben. Im Besitz des Dorfes folgten Kersten von Rohr und schließlich seit 1615 die schon genannten von Löben.
Der Baron von Vernezobre
1733 kam eine der schillerndsten Personen des damaligen Berlins nach Krieschow. Nein, wohnen wollte er hier nicht, nur kurz seinen neuen Besitz inspizieren und einen Verwalter einsetzen. Es war der Baron (Freiherr) Franz Matthäus von Vernezobre de Laurieux. 33.000 blanke Taler hatte er dem von Löben vorzählen müssen, das war schon ein ordentliches Stück Arbeit, aber, da lachte das Herz, er zahlte immer bar. Dabei kam er aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater war als Hugenotte aus Religionsgründen aus Frankreich geflüchtet. Als Seidenhändler (alte Verbindungen nach Lyon) schlug er sich in Königsberg durch. Dort wurde 1690 Franz Matthäus geboren. Mit etwas Geld ausgestattet, zog der Junge in die Welt und hatte mehr als Glück. Durch Spekulation mit Aktien, ja, das gab es damals schon in Holland und Frankreich, war er schnell zu Reichtum gelangt. Daran wollten auch andere Anteil haben, so der knauserige König Friedrich Wilhelm I., der den umtriebigen Vernezobre nach Berlin lockte und mit Ehren überhäufte: Ernennung zum Geheimen Rat und Verleihung des erblichen Adelstitels, höchste Orden folgten. Ja, die Geschäfte gingen gut, da mußte man das Geld doch sicher anlegen. Also errichtete er einen der schönsten Barockpaläste in Berlin und erwarb umfangreichen Landbesitz, Hohenfinow und Tornow im Barnim, Polßen in der Uckermark und in der Niederlausitz Krieschow, Briesen, Brahmow und Milkersdorf.
Der zweite und der dritte Landrat
Die Lausitzer Güter erbte 1748 sein Sohn Friedrich Wilhelm. Der konnte zwar 1765 den einträglichen Landratsposten erringen, aber an die Erfolge des Vaters konnte er bei weitem nicht anknüpfen. Schon 1766 musste er Briesen mit dem schönen Schloss verkaufen. Kurz vor seinem Tod 1781 musste er noch Konkurs anmelden. Aus der Zwangsversteigerung gelangte Krieschow in die Hände der Familie von Normann, allerdings, es blieb sozusagen in der Familie. Den Besitz erwarb nämlich Friederike Wilhelmine von Normann, Tochter des Bankrotteurs Vernezobre, für ihren Stiefsohn Friedrich Wilhelm Heinrich von Normann. Dieser wiederum wurde der dritte Cottbuser Landrat auf Krieschow, der das Amt von 1805 bis 1821 bekleidete.
Das Schloss – ein schönes Landgut
1779 kam der Reiseschriftsteller Johann Bernoulli nach Krieschow und war von dem “schönen Landgut” angetan: “Die Zufahrt ist überraschend wegen der schönen Alleen, der gemalten Geländer und der Reinlichkeit, mit welcher alles unterhalten wird. Das Haus ist zwar, wenn ich den mittleren Teil ausnehme, nur von einem Stock, allein über 80 Schritte lang und von 19 Kreuzstocken, und die Zimmer sind doppelt.” Ob das Schloss von Vater oder Sohn Vernezobre errichtet wurde, ist unklar, wahrscheinlich aber doch von dem Sohn, der hier seinen Wohnsitz nahm und auch als Landrat ein repräsentatives Anwesen brauchte. Noch heute beeindruckt das überaus langgestreckte Herrenhaus, einen ähnlichen Bau gibt es weit und breit nicht. Das hohe Kellergeschoß zu ebener Erde beherbergte Wirtschaftsräume und hat noch heute schöne Kreuzgratgewölbe. Die Herrschaftsetage besteht aus einer Vielzahl von hohen Räumen, Nutzung und originaler Grundriss sind durch spätere Um- und Einbauten nicht immer nachvollziehbar. Das Dachgeschoß wird geprägt von einem Risalitgiebel über dem Eingang und zahlreichen Dachgauben.
Drei Generationen bis zum Ende
Von 1843 bis 1864 besaß Graf Pourtalès Krieschow, dann für einige Jahre der Calauer Kaufmann Mayer. 1868 begann die Zeit derer von Winterfeldt, Hugo Wichard war der erste, dann folgte sein Sohn Dr. jur. Hans Joachim, der Enkel Hans Wichard wurde 1945 enteignet und vertrieben. Die Winterfeldts investierten in Krieschow kräftig. Nicht nur das Schloss wurde umgebaut und modernisiert, dazu kamen auch große Gutsgebäude und ein bemerkenswerter Park. Nach 1945 zogen Umsiedler in das Herrenhaus, der Saal wurde für Kulturveranstaltungen genutzt, ein Jugendklub wurde eingerichtet. Heute pfeift der Wind durch zerschlagene Fenster, das Haus steht leer. Die Gemeinde lässt Schutt beräumen, zu mehr ist sie nicht in der Lage. Es wird dringend Hilfe für einen geschichtsträchtigen Bau gesucht.
SEK Cottbus
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