Dr. Haltenhoff war Oberbürgermeister in dunkler Zeit

 

Dr. Henricus Haltenhoff
Dr. Henricus Haltenhoff (1888-1956) war von 1933 bis 1937 OB von Cottbus

Cottbus war erblüht als Textilzentrum, Schul- und Verwaltungsstadt und hatte die Weltwirtschaftskrise gerade durch- standen, als 1933 die Nazis die Mehrheit im Rathaus gewannen. OB Dr. Erich Kreuz (danach OB in Brandenburg/Havel) wurde beurlaubt, Stadträte entlassen oder verhaftet und Dr. Henricus Haltenhoff (geboren am 22. Juli 1888), Bürgermeister von Frankfurt/O., als kommissarischer Magistratsdirigent noch Cottbus kommandiert. Die Stadt, besonders ihre Mittelschicht, feierte die „Bewegung“ und deren charismatischen Führer. Pfarrer Schmidt predigte am 19. März ‘33 in der Oberkirche: „Der Sieg der nationalen Bewegung ist so groß gewesen, dass man nur sagen kann: Er ist durch den Herrn gekommen.“ Spätestens zwölf Jahre später erwies sich die Gnade des Herrn als Teufelswerk.
Da war Haltenhoff, der Jurist aus Niedersachsen, dessen 134. Geburtstag auf den kommenden Freitag fällt, schon zurückversetzt in seine Heimat. Im Oktober 1937 schied er hier aus dem Amt, wurde OB in Hannover, dort aber 1942 „wegen Judenfreundlichkeit“ aus dem Amt gedrängt und später im Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft. 1954 bis ‘55 gehörte er dem Niedersächsischen Landtag an.
Vor nunmehr 89 Jahren, im Juli 1933 wurde Haltenhoff, seit 1. April NSDAP-Mitglied, zum Cottbuser Oberbürgermeister gewählt. In seine Amtszeit fielen die Verhaftungen von Sozialdemokraten, Gewerkschaftern und Kommunisten, die Gleichschaltung aller Vereine, sowie die Verfolgung der Juden einschließlich der Vertreibung verdienstvoller jüdischer Unternehmer und Intellektueller.

 

Rathaus Cottbus
Haltenhoff-Erbe: das Neue Rathaus, wieder OB-Sitz

Zur Demonstration der Verwaltungsmacht entstand nach Abriss eines ganzen Altstadtquartiers einschließlich des Geburtshauses des Malers Carl Blechen das Neue Rathaus, später als Rat des Bezirkes und seit 1990 wieder als Rathaus mit OB-Sitz genutzt. Ebenfalls in diese Zeit fielen der Bau der Reichsbank (Brandenburger Platz), der Bau der Sparkasse in der Bahnhofstraße (heute Stadtmuseum) und die stark historisierende Rekonstruktion der Cottbuser Stadtmauer. Der frühere Markt (heute Altmarkt) vergrößerte sich, indem Mitte der 1930er Jahre ein Quartier Wohn- und Geschäftshäuser westlich des Alten Rathauses abgerissen und somit die Zufahrt der Straßenbahn in die Spremberger Straße verbessert wurde. Auf Dr. Haltenhoff, den Juristen und Verwaltungsexperten, der in München, Berlin, Freiburg und Göttingen studiert hatte, folgte von 1937 bis 1945 Franz Viktor Freiherr Baselli von Süßenberg, von dem überliefert ist, dass er an der neuen Autobahn ein Wenden-Freilichtmuseum bauen wollte. Seine Spur verliert sich nach 1945; er kam wohl in sowjetischer Gefangenschaft ums Leben. H.

 

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