Das historische Stellwerk B 23 am Hauptbahnhof Cottbus
Bilder aus dem alten Cottbus | Von CGA Verlag | 16. Dezember 2022Wir sind wieder auf einem Bahnhof unterwegs aber was befindet sich im Gebäude am Ende der Straße im Bild? Mit einem bemerkenswerten Geschichts-Exkurs von Gert Richter aus Alt-Deulowitz sei dieser Lösungstext begonnen: „Der jetzige Eisenbahnknoten Cottbus führte in der Eisenbahn-Gründerzeit zunächst einen Dornröschenschlaf. Während Guben bereits am 1. September 1846 Eisenbahnanschluss an Berlin und Breslau erhielt, musste Cottbus offiziell bis zum 13. September 1866 auf die Eröffnung der Bahnstrecke nach Berlin warten. Aber bereits ab 13. Juni wurde die Strecke vom preußischen Militär genutzt: Es führte Militärtransporte für die am 3. Juli bei Königgräz stattgefundene Entscheidungsschlacht des deutsch-deutschen Krieges durch. Sind Ähnlichkeiten zur heutigen Situation nur zufällig?
Am 25. Juli 1864 besuchte die preußische Königin und Pückler-Verehrerin Augusta Branitz. Sie fuhr notgedrungen mit der Bahn von Berlin bis Guben; den Rest der Strecke per Kutsche nach Branitz. Das war die schnellste und bequemste Verbindung. – Cottbus-Anhänger werden nun das Argument ins Feld führen, dass es bereits ab dem 24. Juni 1846 zum ‘Haupt-Aus-und-Einfuhrhafen Goyatz’ am Schwielochsee (neben Ratzdorf und Guben) eine Bahnverbindung der Cottbus-Schwielochsee-Eisenbahn-AG gab. Es war aber keine Dampf-, sondern eine Pferdeeisenbahn, wo die Wagen zwar auf Schienen fuhren, aber von Pferden gezogen wurden. Diese existierte bis 1879, dann musste sie der Überlegenheit der Dampfeisenbahn weichen, um 19 Jahre später eine Wiedergeburt auf veränderten Trassen als Lübben-Cottbuser-Kreisbahnen, später (ab 1924) als Spreewaldbahn zu erfahren. Mit dieser war dann aber leider auch 1970 Schluss.“
Herbert Ramoth führt uns zurück zum Motiv: „Wir blicken vom Cottbuser Noch-Nachkriegs-Bahnhof mit seinen Behelfseinrichtungen den Bahnhofsberg hinauf zur Bahnhofsbrücke. Dahinter steht in östlicher Richtung der dreigeschossige Klinkerbau, 1902 von der Cottbuser Baufirma Pabel errichtet, der als erstes elektropneumatisches Stellwerk Deutschlands im 1903 in Betrieb ging. Es ist das Stellwerk B 23. Die Bezeichnung „B 23“ erhielt das Stellwerk im Jahre 1947. Bis Mitte November 2010 war es in Betrieb, dann wurden Ampelschaltung und Weichenstellung durch ein zentrales elektronisches Stellwerk in Berlin-Pankow übernommen. Das Gebäude Stellwerk B 23 steht unter Denkmalschutz und soll als Wahrzeichen der Bahn- und Stadtgeschichte erhalten bleiben. Nach längerer Bauzeit wurde Im Oktober 1978 das neue Empfangsgebäude eingeweiht. Das Foto ist also älter, vielleicht aus den 1960er Jahren.“
Der Cottbuser Michael Max freut sich: „Fein, wieder ein Foto des alten Cottbuser Bahnhofes aus den frühen 1970ern. A wäre falsch, denn die Mitropa befand sich ganz rechts; in ihrem Schatten läuft wiederum ein miniberocktes Mädchen. Links ein FRAMO, mit dem Logo des VEB Kraftverkehr. Es ist das Stellwerk, das erste wohl in Deutschland, das die Weichendstellung pneumatisch steuerte.“
Renate Brinke aus der Hagenwerderstaße in Cottbus beschreibt: „Wir schauen vom ‘tollen’ Barackenempfangsgebäude Richtung Bahnhofstraße. Man erkennt gut die Rampe, die zum Bahnhof führte. Eine Straßenbahn ist auch gerade angekommen. Das gefragte Gebäude ist das Befehlsstellwerk 23, kurz B 23. Leider wird es jetzt nicht mehr genutzt. Es gab Pläne, es als Museum zu erhalten, das wurde nicht genehmigt, weil es keinen Notausgang gib. Nun bleibt zu hoffen, dass dieses markante Denkmal erhalten bleibt.“
Christian Pabel aus Cottbus reiht Stichpunkte aneinander: „Das Stellwerk, das heute noch Stellwerk ist, mit der Uhr. Links ein Framo (Baujahr von 1957). In der Mitte ein Robur, Produktionszeitraum 1961–1991. Ein ‘Tschaika’, 1959 bis 1981 in verschiedenen Varianten gebaut. Frau mit Rock und Kniestrümpfen – Summa summarum: Das Bild stammt aus dem Jahr 1976.“
Das Datum macht Josef Kauczor aus der Cottbuser Karl-Liebknecht-Straße auf ganz andere Weise fest, nämlich „an dem Studenten, der gerade mit der Straßenbahn angekommen ist und dem Fahrkartenschalter zustrebt, um nach Berlin zu seinem Kunststudium zu fahren. Wolfgang N. hätte als Bewohner der F.-Engels-Straße auch durch den Spreewaldtunnel kommen können, aber besser schlecht gefahren als gut gelaufen. Wolfgang hat später eine Buchbinderei unweit des jetzigen ‘Café Schiller’ betrieben.“
Auch Christine Netzker und G. Peschank schauten über „die Zufahrtsstraße zum Bahnhof in Richtung Stellwerk.“ Es wurde, wie Jens Pumpa aus der Rostocker Straße in Cottbus erwähnt, „auch ‘Ostturm’ genannt und befindet sich auf der rechten Seite der Bahnhofsbrücke stadteinwärts. Am 5. März 1903 konnte es als erstes elektropneumatisches Stellwerk Deutschlands in Betrieb genommen werden. Bedient wurde es durch ein elektromechanisches Schalterwerk, das im Gleisbereich an den Weichen und Signalen mit elektrischem Strom die Ventile steuerte. Diese gaben dadurch Druckluft frei, die als Stellkraft für Signale und Weichen wirkte.“
Dieter Leubauer, dem wir die Fotos zu dieser Auflösung verdanken, schreibt: „Kriegsfolgebedingt, jahrzehntelang bis 1978, hatten ankommende Bahnreisende nach dem Durchschreiten der Bahnhofsempfangsbaracke einen ersten unschönen Eindruck von Cottbus: Links die Baracke der ‘Handgepäck- und Fahrradaufbewahrung’, in der Mitte die Endhaltestelle der Straßenbahn-Linie 1, die dann den Bahnhofsberg hinauffuhr und links in die Bahnhofstraße einbog. Das nachgefragte Gebäude beherbergte das Stellwerk B 23, von dem aus das einst umfangreiche Rangiergeschehen auf dem Bahngelände geregelt wurde. In dem Gebäude rechts befand sich das Bahnhofspostamt ‘Cottbus 2’ mit einem Post-Schalterraum, der Verteilstelle des ZKD (Zentraler Kurier-Dienst der Post für Behörden usw.) und dem sogenannten Knotenleitpostamt, einer Umschlagstelle für Postladungsgegenstände mit den damals noch verkehrenden Bahnposten und den Post-Kraftfahrzeugverbindungen im Orts- und Regionalverkehr. Rechts, nicht mehr im Bild, komplettierte die Mitropagaststätte den Bahnhofsvorplatz.“
Auch Schmusekätzchen „Elli“ hat sich wieder mit „Miau“ gemeldet: „Im Buch von dem neulich zitierten Harald Großstück kann man nachlesen, warum das Stellwerk etwas ganz Besonderes war. Als das Foto entstand, haben noch viele Geschäfte Modellbahnerzeugnisse verkauft. Das ist heute anders, und Cottbus bildet mit seinen derzeit vier Modellbahngeschäften und einem Spielzeugladen mit Modellbahnverkauf eine bundesweite Ausnahme. Denn inzwischen sind nicht nur fast alle Kreisstädte, sondern auch viele Großstädte ohne Modellbahnladen. Modellbahnzubehör ist inzwischen vom Preis her längst Luxusgut. Und so verkauft derzeit mein Dosenöffner seine Altbestände (u.a. 3 Herr Schmalspurzüge) an interessierte finanzkräftige Sammler, damit er die gewaltig gestiegen Tierarztkosten für Katzen bezahlen kann und vor allem die explodierten Heizkosten, verursacht durch das neue Cottbuser HKW, betrieben mit Erdgas, teuer gekauft an der Gas-Börse. Miau.“
„Das das Stellwerk B23, habe ich ab 1973 noch in dieser Ansicht kennengelernt“, schreibt Helmut Schönefuss vom Ameisenweg in Gallinchen. „Das Foto könnte also dieser Zeit zugeordnet werden.“ Günther Aschenbach bemerkt: „In Sichtachse befindet sich unverkennbar das Stellwerk. Hinter dem Fotografen liegt das Empfangsgebäude der DR mit der Fahrkartenausgabe. In diesem gab es einen Eingang zum Gebäudeanbau mit der stets verräucherten Mitropa auf der linken Seite. Dies wurde auch in älteren Ausgaben von ‘Damals war`s’ so beschrieben.“
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