Des Rätsels Lösung bereitete diesmal auch Kennern viel Kopfzerbrechen
„Das ist diesmal wieder eine etwas knifflige Aufgabe“, findet Wolfgang Bauch vom Cottbuser Fontaneplatz. „Relativ schnell lässt sich unter Zuhilfenahme des Internet ausschließen, dass die Oberkirche einen Turm zu viel hat, auch wenn es diesen heute nicht mehr gibt. Dies erklärt sich damit, dass die Kirche 1910/11 umfangreich rekonstruiert wurde. So wurde auch das Dach neu eingedeckt und der Dachreiter aufgesetzt, den es zu Beginn der Umbauarbeiten nicht gab. Gegen Ende des II. Weltkrieges wurde die Oberkirche erheblich in Mitleidenschaft gezogen, 1946 sollen weitere Teile der Kirche eingestürzt sein. Nach Kriegsende erfolgte sukzessive der Wiederaufbau, 1960 war das Dach fertig. Wie auch bei der Erneuerung des Kirchendaches in den Jahren 1993 bis 1995, verzichtete man auf das Türmchen. Dies deutet vielleicht darauf hin, dass es vor 1910 nicht zum Erscheinungsbild der altehrwürdigen Oberkirche St. Nikolai
gehört hatte.“ Alles richtig. Herr Bauch setzt fort: „Schwieriger wird es schon, die Dachfarbe zum Zeitpunkt der handkolorierten Aufnahme kurz vor Beginn des I. Weltkriegs zu ergründen. 1911 war es wohl grau… Ältere Postkarten deuten darauf hin, dass die Dacheindeckung bis zur Rekonstruktion 1910/11 rot war.“ Auch hier liegt unser Leser noch richtig, um dann zum falschen Schluss zu kommen: „Demzufolge könnte Antwort C richtig sein, auch wenn dies nicht schlüssig erscheint. Auf die Auflösung bin ich gespannt.“
Auch der Cottbuser Klaus Herold gesteht: „Ich habe länger nachgedacht. Die Frage ist insofern schwierig, als wir nicht genau wissen, von welchem zeitlichen Punkt hier auszugehen ist. Wenn wir zur Zeit gehen, als diese Ansichtskarte gelaufen ist, dann wurden die Karten von Hand koloriert. Und da unterliefen manchmal Fehler! Ich entscheide mich deshalb für die Antwort B. Das Dach ist, zumindest nach heutigem Befund, mit roten Ziegeln gedeckt. Ein Blick auf eine ähnliche Aufnahme aus dieser Zeit zeigt, dass auch dort Bäume nicht zu erkennen sind. Das Türmchen hingegen bestand noch bis 1945. Ich bleibe deshalb bei der Antwort B.“
Jürgen Klingmüller glaubt: „Diesmal kann eigentlich nur C richtig sein. Cottbus war schon immer eine grüne Stadt und da kann ich mir nicht vorstellen, dass es in der Amtszeit von OB Paul Werner solch einen kahlen Platz gab. Außerdem hatte Cottbus einen sogenannten Verschönerungsverein, dem wir u.a. auch den Chinesen-Pavillon in der Puschkin-Promenade verdanken.“ Unser Leser hat in allem Recht, nur nicht mit dem Buchstaben.
Ansichtskarten wurden in ihrer Blütezeit (1897-1940) eigentlich selten „manipuliert“. Hingegen herrschte beim Kolorieren oft Willkür vor. Die Frauen, oder gar Kinder, die das in Heimarbeit erledigten, kannten oft die Orte gar nicht, denen sie Farben verliehen. So sollte man den sonst kostbaren Dokumenten also farblich nicht trauen.
Auch Gisela Schmidt aus der Potsdamer Straße in Cottbus ist sich ganz sicher, dass das Dach rot war. Sie erinnert auch an den Aufbau der Turmhaube in den 1980-er Jahren. Frau Schmidt gewinnt heute den Rätselpreis. Glückwunsch!
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