Peer Henssel hatte dem Foto, das er in seiner Lehrzeit mit einer einfachen 6×6-Box fotografierte, die Anmerkung hinzugefügt: Die Bilder damals und heute gleichen sich flüchtig betrachtet – nur die Vorzeichen sind verschieden. Damals war viel Hoffnung und Freude, wie einige Zuschriften spüren lassen. Herbert Ramoth aus Cottbus meint: „Fotos, die den sensiblen Bereich des Cottbuser Stadtzentrums dokumentieren, rufen Assoziationen hervor, die sich von Begeisterung über Enttäuschung, Unverständnis und Wut erstrecken. Es ist viel über das Problem Stadtzentrum geredet, geschrieben, gestritten worden, geändert hat sich leider in den vergangenen Jahrzehnten nichts: Geblieben ist der größte Schandfleck im Stadtbild von Cottbus! – Das Foto wurde um 1970 gemacht. Die Straßenbahngleise wurden bereits in die neue Stadtpromenade verlegt, allerdings fehlen noch die Oberleitungen. An der Wohnscheibe wurden noch Restarbeiten durchgeführt und die ersten Baumaterialien für die Mehrzweckbauten der neuen Stadtpromenade lagen bereits vor Ort. 1974 wurde das neue Cottbuser Stadtzentrum fertiggestellt.“
Edeltraud Suetovius meldet sich aus Spremberg: „Als ich das Bild sah, fiel mir meine Zeit in der Nähe ein. Im Sommer 1968 habe ich meine Lehre als Stenotypistin im Pressstoffwerk ‘Dr. Erani’ in Spremberg beendet und bekam beim Wohnungsbaukombinat Cottbus eine Stelle als Sekretärin – das heißt, eine halbe Stelle beim BGL-Vorsitzenden und eine halbe beim Parteisekretär, und das ganze nannte sich Abteilung Stadtzentrum. Wo jetzt das Parkhaus des Blechencarrés steht, stand eine alte Villa, in der wir untergebracht waren. Ein Planungsbüro, die BGL und die Partei und ganz unterm Dach mein Büro. Von dort konnte ich das Baugeschehen des Stadtzentrums verfolgen. Ich musste mich auch mit den Pressefestlosen in die Bauwagen der Arbeiter begeben und bekam so einige Kontakte, und die Lose konnte ich gut verkaufen, wenngleich auch manch ein Brigadier mit mir Mitleid hatte und mich dabei unterstützte. Aus diesem Grund kann ich auch zu dem Bild sagen: Es ist in der Zeit von 1968/1969 aufgenommen worden. Im Juli 1969 habe ich dann meine Arbeitsstelle gewechselt, deshalb bin ich mir in der Zeitangabe so sicher.
Eine Anmerkung noch: Die damaligen Arbeitsbedingungen waren für mich als Jungfacharbeiter nicht die besten, besonders was die Arbeit bei dem Parteisekretär betraf, und ich wollte beruflich etwas bewegen, so dass ich dann zum Gaskombinat Schwarze Pumpe, Bereich Brikettfabrik, gewechselt bin. Dort habe ich als Direktionssekretärin gearbeitet und 1982 mein Fernstudium als Wirtschaftsingenieur abgeschlossen. Jetzt bin ich schon viele Jahre im Ruhestand, verfolge aber mit großer Aufmerksamkeit alles, was unsere Region betrifft und freue mich auch immer wieder, wenn Bilder aus Spremberg gezeigt werden.“
Biografisches notiert auch Günther Biallas aus Cottbus: „Ich habe 1971 meine Wehrplicht von 18 Monaten in der Cottbuser Albert-Zimmermann-Kaserne angetreten und kam aus Dresden. Ist das Bild von 1992? Damals wurde dieses wunderbare Ensemble mit Eiscafe Sternchen, Fußgängerbrücke, Springbrunnen, Verkaufspavillons und nicht zuletzt unter der Erde Bowlingbahn und Disco abgerissen. Man sieht noch die letzten Reste von den Gebäuden. Das war ein großer Fehler. Später wurde die sogenannte Flaniermeile gebaut, aber an dem traurigen Zustand hat sich bis heute nichts geändert. Das ist ein großes Ärgernis. Es kann jetzt mit dem Kauf durch die GWC nur besser werden. Jetzt ist die Stadt mit dem neuen OB Tobias Schick in der Pflicht.“
Dieter Leubauer weiß es genauer und hat alle Bauphasen fotografisch dokumentiert: „Dieses Foto entstand Anfang der 1970er Jahre. Vom Dienstzimmer im Postgebäude konnte ich das Baugeschehen verfolgen. Das Ensemble entstand in den Jahren 1964 bis 1974. Auf dem Foto sind noch Bauarbeiten an der Wohnanlage Nr. 10-12 sowie vorbereitende Arbeiten zum Aufbau der Pavillons zu erkennen. Die Führung der Straßenbahn durch die Stadtpromenade erfolgte ab 1974. Auf dem Foto ist zu erkennen, dass an der Gleisanlage noch gebaut wird, und auch die Oberleitung der Straßenbahn fehlt noch.
Nach Fertigstellung des Gesamtensembles Stadtpromenade konnten wir dieses leider nur knapp zwei Jahrzehnte genießen. Schade.“
Monika Zehnpfund berichtet: „Das Bild ist vor 1970 entstanden, denn ich bin mit meinen Eltern und meinem Bruder als erste Mieter im April 1970 in die Stadtpromenade 10 in eine 4-Raum-Wohnung eingezogen. Für den Umzug wurde für uns der Fahrstuhl in Betrieb genommen, aber das Haus war fertiggestellt und keine Baustelle mehr.“
Jens Pumpa aus Cottbus fasst zusammen: „Der Bau der Straßenbahntrasse ist im vollen Gange, die Wohnscheibe in der Stadtpromenade befindet sich noch im Bau, ebenso die Verkaufspavillons. Das ‘neue’ Stadtzentrums befindet sich an der gesamten Westseite der Altstadt. Begrenzt wird es wiederum im Westen von der zehngeschossigen Wohnanlage Stadtpromenade Nr. 10–12 (im Bild) und dem Punkthochhaus Berliner Platz 1. Dieses wurde 1968-1969 erbaut. Den Auftakt für allen Neubau bildete die Errichtung des ‘konsument’-Warenhauses als südliche Begrenzung. 1974 erfolgte die Verkehrsanbindung durch die Straßenbahn.“
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