Den 17. Juni 1953 erlebte eine Leserin mit Blick aus dem Dachfenster
Christine Pausch schreibt: Ich habe von 1950 bis 1954 in diesem Haus gewohnt. Die Straße in der das Haus stand, hieß damals noch Stalin-Allee, ich glaube, es war die Nr. 20. Ich war damals, als wir dort nach dem 2. Weltkrieg einzogen sind, sechs Jahre alt. Mein jüngerer Bruder Wolfgang wurde dort geboren.Wir wohnten im obersten Geschoss über der Schwan-Apotheke. Der Apotheker hieß Pöhlmann, der auch mit seiner Familie in dem Haus wohnte.
Das Schaufenster rechts neben der Toreinfahrt war das Geschäft des Optikers Schork. Neben seinem Schaufenster hing ein großes Außenthermometer, dass ich aber auf dem Foto nicht erkennen kann. Hinten im Hof gab es auch noch eine Zufahrt von der Leipziger Straße, die vorwiegend von der Kundschaft eines Sattlers (Jakubaschk?) und von mir, wenn ich meinen Schulweg in die Bahnhofschule antrat, benutzt wurde. Es gab einen großen Hof mit vielen Nebengebäuden. Nach meiner Erinnerung wohnten immer vier Familien in diesem Haus, die alle auch Kinder hatten. Die Vermieterin war ein Fräulein Sander. In dieser Wohnung erlebte ich auch den 17. Juni 1953.
Am damaligen Berliner Platz standen russische Panzer und es gab eine Zeit lang eine Ausgangssperre in den Abend- und Nachtstunden. Als die Panzer anrollten, durften wir nicht ans Fenster, weil angedroht wurde, dass sonst geschossen würde.
Wir Kinder spürten die Angst der Eltern. Haben aber doch heimlich aus dem kleinsten Fenster im Dachgiebel geschaut und haben miterlebt, wie Leute, die sich mutig der Ausgangssperre widersetzt hatten, auf Lastautos getrieben und dann für viele Jahre nicht mehr gesehen wurden. Unter den Mutigen war auch der Vater eines Mitschülers von mir (ein Forster Friseurmeister). Übrigens in der Wohnung, in der ich eine Zeit lang wohnte, lebten zuvor schon für eine kurze Zeit meine Großeltern. Opa betrieb mit seinem Pferdegespann ein Fuhrunternehmen. Nach unserem Auszug wohnte noch für viele Jahre die Familie meines Onkels in genau dieser Wohnung. Welches Motiv der Fotograf im Sinn hatte, kann von mir nur geraten werden. Ich vermute, es ist die große Blumenpflanzschale auf dem Bürgersteig vor dem Optikerladen. Ein Lichtblick in der geschundenen Stadt.“
Horst Baltin schreibt: „Dieses Bild wurde in der Cottbuser Straße am Berliner Platz aufgenommen. Im Hintergrund das große Gebäude waren damals die Kammerlichtspiele – ein Kino. Davor, nicht auf dem Bild, war eine Drogerie. In Höhe des Mannes war die Schwan-Apotheke. Davor befand sich ein Zigarrenladen. Auf der linken Seite in der Baracke war damals ein Laden für täglichen Bedarf, es gab auch Kurzwaren, und man konnte auch etwas essen.“
Hannelore Mosler erinnert sich: „Ich habe den Optiker Schorg erkannt, er war in dem Haus in der Mitte. Rechts daneben war die Apotheke. Das muss so in den 50er und 60er-Jahren gewesen sein. In der Baracke waren die Taxis und Kraftverkehr.“
Heinz Pomrehn schrieb: „Das kleine, flache Gebäude wurde nach dem Krieg aufgebaut. Darin war ein Zeitungsstand. Neben der Toreinfahrt war hinten ein Fabrikgebäude. Frauen putzten hier Weiß- und Rotkohl, aber auch anderes. Es war ein Großhandel, wo die Ladenbesitzer ihre saubere Ware zum Verkauf abholten. In dem ersten kleinen Haus wohnte die Familie Petrofski mit zwei Mädchen und einem Jungen. Wir waren sehr gut befreundet. Im Geschäft war der Augenoptiker Schork drin. Neben der Schwan-Apotheke war ein kleines Haus, das wir auf dem Foto nicht mehr sehen können. Dort war der Zigarrenladen Förster. Hier brannte ein kleines Feuer, um sich Zigarren und Zigaretten anzuzünden. Zudem gab es einen Zigarrenabschneider für alle Kunden. Danaben war auch noch ein Lampengeschäft und daneben kam der Forster Hof. Von dem Forster Hof sehen wir nur ein Stück von dem Dachgeschoss.“
Thomas Methe ergänzt: „Im Jahr 1947 eröffnet der Apotheker Emil Pöhlmann mit Zustimmung der damaligen Gesundheitsbehörde die Apotheke. Er nennt sie Schwanapotheke. Diese gab es bis zum Jahr 1976. Eine Schwanapotheke gab es schon einmal zuvor. Diese befand sich in der Berliner Straße 52 a. Sie wurde im Jahr 1902 vom Apotheker Theodor Seemann gegründet, bestand aber nur bis 1945. Die Häuseransicht wurde bereits in der 70er-Jahren abgerissen. Im vorderen winzigen Häuschen befand sich ein Fahrkartenschalter, wo man Fahrkarten für Busse kaufen konnte.“
Karin Adam aus Döbern schreibt: „Im Kiosk links vorn holte ich immer mein Mosaik-Heft. Verkäuferin war dort Frieda Herfarth. Oft hatte sie auch ihren Dackel mit dabei. Von den meisten wurde sie „Friedel“ gennant. Sie wohnte in der Bahnhofstraße 57. Da wohnte auch ich. Mein Vater war der Malermeister Franz Wisniewski, ein bekannter Künstler. Er zeichnete in der Arbeitsgemeinschaft bildende Kunst und erhielt den Blechen-Preis.“
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