Teilung der Stadt erforderte wirtschaftliches Umdenken an der Nordbrücke
Der Blick über die Nordbrücke, über die an dieser Stelle ausführlich in unserer Ausgabe vom 15./16. Februar beschrieben wurde, erinnert an ein besonderes wirtschaftliches Kapitel der Stadt. Arno Schulz mailt: „Die Aufnahme wurde von der Ostseite der Neiße gemacht, im Vordergrund das ‘Knusperhäuschen’. Rechts im Hintergrund ist die Anlagen des 1892 eingeweihten Gubener Schlachthofs zu sehen, der zu DDR-Zeiten zu einem Fischverarbeitungsbetrieb umgerüstet wurde, die Wende nur kurz überlebte und heute verfällt. Mit zum Schlachthof gehörten auch das Wohnhaus direkt an der Brücke und auch das im Hintergrund, wo sich auch die Verwaltung befand. Nach der Schließung der Fischverarbeitung wurden auch die Wohngebäude leergezogen und verfallen langsam zu Ruinen. Rechts auf dem Foto, nicht mehr zu er-kennen, befinden sich die Gleisanschlüsse zum Schlachthof und die alten Hafenanlagen.“
Wolfgang Teske beschreibt noch einmal die Nordbrücke. Den Schatten der Brücke identifiziert er als Hochwasser zwischen Fabrik und Brücke, das es oft gab an dieser Stelle. „Heute befindet sich dort ein Bootssteg und Parkplätze. Leider musste der schöne Birnenbaum weichen.“
Ingrid Giebler mailt: „Der Gubener Schlachthof wurde am 14. November 1892, nach zweijähriger Bauzeit, durch Bürgermeister Bollmann eröffnet. Er war mit den modernsten Einrichtungen ausgestattet. Die Kosten betrugen 597 000 Mark.
Die Schlachthofanlage bestand aus einem Hauptmittelbau mit großer Schlachtehalle, Kühl-, Maschinen- und Nebengebäuden. Links an der Grunewalder Straße befand sich das Verwaltungsgebäude mit Wohnungen der Tierärzte. Lange Zeit wohnte dort der bekannte Gubener Tierarzt Max Kuchling. 1956 wurden die Schlachtungen in dem inzwischen veralteten und unrentablen Schlachthof eingestellt. Die Stadtväter entschieden, auf dem Gelände einen Fischverarbeitungsbetrieb einzurichten. Unter der Leitung von Arthur Braaz, ein bewährter Fachmann, lief auch bald die Produktion an. 1957 wurde er im Ausland tätig. Aus Magdeburg kommend, übernahm Rolf Bergmann die Leitung des Betriebes bis 1978. Ein häufiger Leitungswechsel danach brachte dem Betrieb weniger Erfolge, im Jahre 1990 nach der Wende dann das Aus.
Heute stehen die Gebäude leer. Des Öfteren kann man auf dem Gelände Walter Bräuer finden, der dort die herrenlosen Katzen mit Futter versorgt.“
Werner Koschack suchte in zahlreicher Literatur nach Fakten und befragte ehemalige Mitarbeiter des Fischkombinates. Er ergänzt: „Der Standort des Fotografen könnte die Kleinen Himmelsleiter gewesen sein. Laut Baumbestand könnte die Aufnahme in den 1930er-Jahren entstanden sein. Im Heimatlexikon steht: Kühlhaus mit 110 Kühlzellen, um 1925 Schlachtung von jährlich 3 000 Rindern, 16 000 Schweinen, 6 000 Kälbern, 1 000 Schafen, 1 000 Ziegen, 500 Zickeln und 200 Pferden. Neben zwei Tierärzten waren 18 Mann Personal beschäftigt. Laut Einwohnerbuch von 1933 wurden 110 Fleischereien beliefert. Nach 1945 blieben noch zehn übrig. Ab 1956 bezogen die Gubener Fleischer ihr Fleisch vom Schlachthof Forst. Noch im gleich Jahr nahmen die Mitarbeiter des Rates der Stadt Verbindung mit dem Fischkombinat in Rostock auf. Rolf Bergmann leitete die Gubener Fischverarbeitung 21 Jahre lang. Leistung und Qualität prägten den Charakter des Betriebes. Das war nur mit einer zuverlässigen Stammbelegschaft von 80 Leuten möglich. Nach Herrn Bergmann leitete der technische Leiter Dieter Gensitz den Betrieb weiter. Am 28. Februar 1993 wurde der Betrieb endgültig geschlossen. Im Gubener Heimatbrief 2011-1 ist die Zeit vom Gubener Schlachthof zum VEB Fischverarbeitung ausführlich beschrieben worden.“
Vielen Dank allen für die Schilderungen. Ein Bild gewinnt Werner Koschack. Herzlichen Glückwunsch!
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