Guben: Fleißiges Handwerk in Bürgerhäusern

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Blick in die Alte Poststraße mit Gemeindehaus

Blick in die Alte Poststraße / Kleine Wohnungen nach dem Krieg
Walter Bräuer löst am Telefon: „Wenn man die Kirchstraße an der Klosterkirche vorbeikommt, gelangt man auf das erste Gebäude auf dem Bild – das Gemeindehaus der evangelischen Kirche. Dort hat immer ein Superintendent gewohnt, zuletzt Herr Delbrück bis zur Wende. Bis in die 60er und 70er-Jahre ist ihre Mutter in dieses Haus zum Bibelkreis gegangen. Das Haus ist schon in DDR-Zeiten gründlich saniert worden.
Zur Alten Poststraße: Seit zehn, zwölf Jahren sind diese Häuser abgerissen. Im Gebäude links oben war der Polsterer Georg Eichhorn zu finden. Dort habe ich oft Couch- und Sesselgestelle aus unserer Stellmacherei in der Berliner Straße ­hingebracht. Er war Einzelhandwerksmeister. Das rechte Haus gehörte Malermeister Max Seuring. Er hat in den 50er-Jahren noch unsere Wohnung renoviert. Hier hatte auch sein Neffe Erhard Noack gearbeitet. Er hat das Geschäft weiter betrieben und mit Malerbedarf gehandelt. Oft hat bei ihm die Sowjetische Armee eingekauft. Er konnte perfekt polnisch und russisch. Schmerzlich erlernt hat er die Sprache im Gefangenlager am Dnepr. Als 16-Jähriger wurde er vom Fahrrad weg in das Strafgefangenenlager verschleppt. Er war einer der wenigen, die solch ein Lager überlebt hatten. Auch nach der Wende lief sein Geschäft sehr gut. Heute führen seine beiden Söhne am ehemaligen Aldi, Gubiner Straße, das Farbengeschäft weiter. Schade für die Händler und die Einwohner, dass der Supermarkt dort ausgezogen ist.“

Gerhard Gunia merkt in seinem Brief an: „Aus ungewöhnlicher Perspektive aufgenommen, sieht man die Bürgerhäuser Alte Poststraße 2 und 2a. Bis zum Februar 2007 zählten die Gebäude aus dem 19. Jahrhundert zu den ältesten der Stadt. Ebenso das erhaltene Pfarrhaus der Klosterkirche im Vordergrund mit dem einstigen Klosterfriedhof.
Das Geschäft Farben-Lacke von Max Seuring wurde 1976 von Erhard Noack übernommen, worüber in meinem Beitrag im Heimatkalender 2007 nachzulesen ist.“
Werner Koschack ergänzt: „Die Häuser boten nach dem Krieg vielen Gubenern eine Heimstätte, wenn auch nur eine sehr kleine. Neben Seuring war lange Stempel-Koritter zu finden. Und im Gemeindehaus wohnte und arbeitete lange Andreas Peter.“
Inge Wende ergänzt: „In den 50ern hat in diesem Hause die Pfarrerfamilie Asse gewohnt. Mit der Tochter Gisela bin ich in die Grundschule gegangen.“
Eberhard Wittchen, der mit dem Sohn vom Tapeziermeister Eichhorn in die Schule ging, mailt: „Angeblich stand die Hauserzeile unter Denkmalschutz. Aber nach der Wende wurde diese inzwischen verfallene Bausubstanz abgebrochen und zu einer Grünfläche umgestaltet.“