Gymnasium eines Schinkel-Schülers / Bedeutender klassizistischer Bau / Urenkel eines Direktors war selbst Schüler
Zum imposanten Gebäude links mailt Przemyslaw Tokarek aus Gubin: „Es war ein Gymnasium mit der Hamdorff Turnhalle, erbaut 1868 als Lateinschule und befand sich in der Neustadt. Heute heißt die Gubiner Straße Obronców Pokoju. Ein Stück weiter befand sich auch der Topfmarkt. Heute befindet sich auf dem Platz des Gymnasiums ein Parkplatz und der Obst-Gemüse-Markt. Das Gebäude hat den Zweiten Weltkrieg überstanden, wurde aber im Februar 1946 zerstört, wahrscheinlich Brandstiftung.
Der erste Gymnasiumdirektor war Dr. Karl Hamdorff. Hamdorffs Nachfolger war Oberstudiendirektor Max Pohl (1869-1928). Er kam aus Berlin und war Leiter des Gymnasiums von 1914 bis zu seinem Tode 1928. Friedrich Wolff (1887-1970) war der Leiter 1929 bis 1945.“
Gerhard Gunia schreibt: „Von 1943 bis Ende Januar 1945 führte mich mein Schulweg von der Kaltenborner Straße zum Gymnasium in der Neustadt, damals Oberschule für Jungen. Diese wurde geleitet von Oberstudiendirektor Friedrich Wolff (1887-1970), der noch nach 1945 als Herausgeber lateinischer Lehrbücher im Verlag Volk & Wissen Berlin zeichnete. Nach Kriegsende wurden mehrere vorherige Studienräte an der Friedensschule mit Oberschule übernommen, darunter Erich Müller, seit 1911 im Schuldienst am Gymnasium, dessen geschichtlicher Nachlass im Stadtarchiv vorhanden ist.
Das neue Städtische Gymnasium, eingeweiht 1868 nach Entwürfen des Berliner Architekten und Schinkel-Schülers Adolph Lohse, gehörte – neben dem Stadttheater – zu den bedeutendsten klassizistischen Bauten der Stadt Guben. Ein zehnseitiger Beitrag dazu von Joachim Winkler, ehemaliger Schüler, ist im Heimatkalender 1993 nachzulesen.
Bei Schachtarbeiten in der einstigen Turnergasse fand ich 1974 noch verkohlte Reste von Zeugnissen und Beurteilungen, noch zum Teil lesbar.
In ihrer Dissertation ‘Grenzstädte in Ostmitteleuropa’ (2003) verweist die Autorin Katarzyna Stoklosa auf den Brand in der bereits eingerichteten Schule, der den Deutschen zugeschrieben wurde, obwohl man dafür niemals Beweise fand (S. 110). Erst jetzt wissen wir Näheres über die unruhigen Zeiten im Polen der Nachkriegsjahre.“
Otto Schule erzählt am Telefon: „Es ist genau das Gymnasium am Hamdorffplatz. Mein Urgroßvater mütterlicherseits aus der Familie Stoß, Dr. Karl Hamdorff war hier 30 Jahre lang von 1884 bis 1914 Gymnasialdirektor. Die Schulanstalt war zehn Jahre gleichzeitig versuchsweise Realschule. Karl Hamdorff war am 7.3.1842 in Berlin geboren, er starb am 14.1.1916 in Guben. Er engagierte sich als Stadtverordnetenvorsteher (1907-1914), er war Geheimer Regierungsrat und wurde 1909 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. Außerdem war er Ehrenvorsitzender im Volksbildungsverein. Der Getreidemarkt wurde 1918 zu seinem Gedenken umbenannt.
Es war das Gymnasium für Jungen, während das Lyzeum in der Grünen Wiese für Mädchen eingerichtet war. Die Aufnahme könnte von 1938 sein, denn 1936 ist die Straßenbahn eingestellt worden, dort fahren jetzt Busse. Die Bahn ist eine Abzweigung davor in Richtung Herren- und Königsstraße abgeleitet worden. Die oberen großen Fenster waren die der Aula der Schule. Dort war auch ein sehr großes Portraitbild von Dr. Hamdorff angebracht. Ich selbst war von 1940 bis Dezember 1944 Schüler und spielte im Schulorchester eine der vier Celli. Durch Lehrermangel wurde ich vom Studienrat Kyau als Aufsichtsperson für zwei Klassen eingesetzt, gleichzeitig war ich Unterrichtshelfer. Durch den Krieg wurde Unterricht in zwei Schichten durchgeführt, weil das Gebäude in der Grünen Wiese in Kriegszeiten zum Lazarett wurde. Nach dem Krieg habe ich mit ca. zehn Schülern in der Schule noch aufgeräumt. Bis zur Vertreibung Juni 1945.“