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Guben: Spenden für den U-Boot-Krieg der Marine

Bilder aus der alten Neißestadt Guben | Von | 15. November 2008

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Spenden für den U-Boot-Krieg der Marine

Diesmal war unser Rätselbild etwas außergewöhnlich.
Bärbel Koschack erinnerte sich: „Guben hatte die Auswirkungen des 1. Weltkrieges stark verspürt. Das II. Ersatzbataillon des Grenadier-Regimentes Nr. 12 war ja in Guben (in der späteren Stadtverwaltung) stationiert. Laut Text auf dem Foto wirkte das Orchester des Regimentes bei dem Gartenfest zu Gunsten der U-Boot Spende mit. Das Regiment hatte auch eine Fußballmannschaft, die sicherlich auch ein Benefizspiel ausgetragen hat. Außer für das U-Boot zu spenden, brachte die Stadt noch viele andere Opfer im 1. Weltkrieg. Sie richtete in der Stadt vier Kriegsküchen für die Bevölkerung ein; im Lindengraben, in der Schegelner Straße, auf dem Wilkeschen Grundstück und in der Alten Poststraße 30. Auch die Kirche brachte Opfer für den Krieg. Die Zinnpfeifen der Orgel der Stadt- und Hauptkirche wurden am 30. Mai 1917 abgeliefert, die 2. und 4. Glocke folgten am 18. Juni. Im Lindengarten wurde ein Lazarett eingerichtet, welches von der Stadt versorgt wurde.“
Manfred Augustyniak war der Einsender unseres Damals-war’s-Fotos und er schrieb dazu: „Es war am Ende des 1. Weltkrieges in Guben. Zogen in den ersten Kriegswochen im August 1914 noch die Einberufenen mit Gesang durch die Straßen Gubens und hörten sich die patriotischen Reden der Lokalpolitiker an, so hatte sich um die Jahreswende 1917/18 die Haltung großer Teile der Einwohner zum Krieg entscheidend geändert. Die Gubener Zeitung – ein kaisertreues Organ – versuchte zwar im Zusammenwirken mit den Kommunalbehörden, den Parteien und vaterländischen Vereinen den Menschen immer wieder nahezubringen, dass die Weiterführung des Krieges bis zum siegreichen Ende eine Notwendigkeit sei. Kriegsverherrlichende Filme, ständige Aufforderungen zur Zeichnung von Kriegsanleihen, die Propagierung der Namen von Gubener Soldaten mit Kriegsauszeichnungen und die oftmals im Stil einer Heldenverehrung abgefassten Todesanzeigen für an der Front Umgekommene sollten diese Notwendigkeit bekräftigen.
Die anders denkenden Kräfte waren im Gewerkschaftskartell und im sozialdemokratischen Wahlverein organisiert. Allerdings waren von 3549 Gewerkschaftsmitgliedern (Stand vom 31.12.1916) 2 081 einberufen worden. Im sozialdemokratischen Wahlverein waren im November 1918 insgesamt 202 Mitglieder eingeschrieben, jedoch erhöhte sich deren Zahl bis zum August 1919 auf 758.
Trotz der Bekenntnisse der bürgerlichen Kräfte zum Krieg wurde aber die Ablehnung des Krieges immer umfassender. Verständlich, denn Angehörige von 1 400 Familien waren zum Kriegsdienst eingezogen worden und nach Beendigung des Krieges waren insgesamt 1 283 männliche Einwohner der Stadt an den Fronten umgekommen bzw. in den Lazaretten ihren Verwundungen erlegen.
Sorge um die Angehörigen, Hunger, Not und Elend waren zum ständigen Begleiter vieler Gubener Familien geworden. Im Mai 1918 wurden die täglichen Brotrationen von 200 Gramm auf 160 Gramm gekürzt, das Brot verstärkt mit Kohlrüben- und Kartoffelmehl gestreckt und im August pro Woche und Kopf 160 Gramm Frischfleisch mit Knochen und 40 Gramm Wurst ausgegeben. Die Frauen wurden zur Ablieferung ihrer ausgekämmten Haare aufgefordert, den Radfahrern wurde Papier-, Feder- oder Holzbereifung empfohlen, wegen der Zunahme der Felddiebstähle wurde das Betreten der Feldwege in den Nachtstunden verboten, die Lebensmittelpreise stiegen rapide und die Forderungen zur Verlängerung der Arbeitszeiten nahmen ständig zu.
Am 14.7.1918 hieß es in einer Resolution des Gewerkschaftskartells an die Gubener Stadtverwaltung: Die Arbeiterschaft Gubens ist in Folge der lange andauernden Unterernährung in ihrem körperlichen Zustand so geschwächt, dass sie nur mit größter Anstrengung die Anforderungen erfüllen konnte, die bisher an sie gestellt wurden. Sie fordert, bis die neue Ernte herein ist, dass die Arbeitszeit ohne materielle Schädigung in ihrem Einkommen eine Regelung erfährt durch die Einlegung von Feierschichten, Ferien und Herabsetzung der Arbeitszeit. Weder die Stadtverwaltung unter Leitung des Oberbürgermeisters Dr. Glückmann, noch die Besitzer der Betriebe reagierten darauf und auch öffentliche – vom Hutarbeiterverband durchgeführte Versammlungen für Lohnerhöhungen – erbrachten nicht den gewünschten Erfolg. Kein Wunder, dass die von der Ostfront kommenden Nachrichten über die Beendigung des Krieges und des Friedensangebotes von Lenin an alle kriegsführenden Staaten auch in Guben ein immer stärkeres Echo fanden. Hinzu kamen die Informationen über die bewaffneten Aktionen der Matrosen und die revolutionären Ereignisse in Berlin, die als Novemberrevolution in die Geschichte eingingen. Ausdruck dafür war die am 10.11.1918 auf Ini-tiative des Vizefeldwebels Bartsch und des Landsturmmannes Bänsch erfolgte Zusammenkunft aller in Guben stationierten Militäreinheiten, ca. 800 Personen. Sie wählten einen zwölfköpfigen Soldatenrat, der in Verhandlungen mit dem Oberbürgermeister eintrat. Das Ergebnis: Die militärische Gewalt lag in den Händen des Garnisonsältesten und des Soldatenrates und die Offiziere galten im Dienst weiterhin als Vorgesetzte, alle Dienststellen arbeiten weiter, der öffentliche Verkehr wurde aufrecht erhalten, Plünderungen wurden strengstens bestraft. Kein Wunder, dass die Gubener Zeitung am 12.11.1918 beruhigt schreiben konnte: ‘Die staatliche Umwälzung hat sich hier in Guben in aller Ruhe vollzogen. Die hier stationierten Truppenteile schlossen sich einmütig der Neuordnung der Dinge an.’“ Herzlichen Dank für diesen tiefen Einblick!



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