Der Sohn eines Buchbindermeisters, Heinrich Bolze, ist am 13. Mai vor 209 Jahren (1813) in Brandenburg geboren, wuchs in der Kirschblütenstadt Werder auf, studierte in Berlin Mathematik und Naturwissenschaften, war Lehrer und Dozent u.a. in Berlin, Putbus und Greifswald, ehe er 1845 in Cottbus sesshaft wurde. Er bekam eine Stelle als Oberlehrer am noch alten Friedrich-Wilhelm-Gymnasium an der Oberkirche, das 1867 in den repräsentativen Neubau (heute Puschkinpromenade) zog, wo Bolze bis zu seinem Ruhestand 1882 höchst vielseitig wirkte. Er dichtete und schrieb Dramen, baute die erste Cottbuser naturwissenschaftliche Sammlung auf, trat als revolutionärer Demokrat hervor und leitete ab 30. April 1848 den konstitutionellen Club, der das demokratische Bürgertum in Cottbus vertrat. Als Volksredner fand er viel Gehör, doch als die Revolution scheiterte, legte der Lehrer alle politischen Ämter nieder und widmete sich weit über die Schule hinaus ganz der Lehre.
Beispielhaft war sein Bemühen um Bildung für Handwerker. Sein „Lehrbuch der Physik für Schule und Haus“ zeichnet sich durch leicht verständliche Darstellung aus, „sehr zu empfehlen für Volksschulen und für Männer, welche in Handwerkervereinen physikalische Vorträge halten“, wie die damalige „Nationalzeitung“ schrieb. Es war nach der gescheiterten gesellschaftlichen der Aufbruch der industriellen Revolution, und der Weg dorthin führte vor allem über Bildung.
Dr. Bolze verstand es, dem Erkenntnisgewinn Spannung zu geben. Nachdem der Physiker Foucault in Paris mittels Riesenpendel (67 Meter lang, 28 kg schwer) die Drehung der Erde bewiesen hatte, stellte Bolze diesen Versuch in Cottbus am 24. Juli 1868 nach. Im Fabrikturm des Kammgarnunternehmens Sommerfeld in der damaligen Weberstraße (heute Inselstraße) konstruierte ihm der Maschinenbauer Moritz Nommel ein ähnliches Riesenpendel. Der Effekt: Das Pendel schwingt linear, zeichnet aber am Boden eine Kurve auf, weil die Fläche, also die Erde, sich unter dem Pendel bewegt. Der Cottbuser Gymnasialprofessor verfasste nach seinem mit viel Erstaunen aufgenommenen Versuch die Schrift „Über Foucaults Experiment zum Beweis der Achsendrehung der Erde“ und veröffentlichte 1874 auch Studien über Senftenberger Kohlegruben und eine Schrift über „Äther und Atome“.
Erstaunlich ist die Bandbreite des Schaffens von Heinrich Bolze. Überliefert sind neben Lehrbüchern ein Trauerspiel „Galilei“ von 1861, Gedichte („Königskugel“, „Stubbenkammer“) von 1875 und 1884 das Lustspiel „Der Mann ohne Namen“. Nach Bolze, über den Walter Drangosch 1956 publizierte, ist im Cottbuser Norden eine Straße benannt.
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