Als wohl als einer der schwierigsten Bauvorhaben der Stadt Spremberg dürfte das Giebelhaus auf der Ostseite des Marktplatzes in die Geschichtsbücher eingehen. Wir haben mit dem damaligen Bürgermeister Egon Wochatz gesprochen, der sich noch genau an den schwierigen Weg bis zum heutigen City Center Spremberg erinnern kann: „An der Stelle war der Markplatz nach dem Krieg zu 90 Prozent zerstört, nur das heutige Rathaus und zwei kleinere Häuschen an der Nordseite, die nur bedingt nutzbar waren, gab es noch. Eine Bebauung sollte aber noch lange auf sich warten lassen, denn Spremberg war bis 1960 Bergbauschutzgebiet, denn 60 Meter unter dem Marktplatz liegt erstklassige Kohle mit unter einem Prozent Schwefelgehalt! Erst Ende der 60er-Jahre hob der Bezirksrat diesen Status auf, der nur aller nötigste Bauarbeiten zuließ – bis dahin drohte also stets, dass Spremberg der Kohle geopfert wurde! Der Nachholbedarf an Bauten war also immens. Mitte der 80er-Jahre wurden zwei große Baugruben ausgehoben – auf der Nord- und auf der Ostseite. Doch die Baugruben wurden nicht genutzt, so dass wir nach der Wende ein schweres Erbe antraten. Eigentlich sollten hier nun Neubauten für ein neues Verwaltungsgebäude für den Rat des Kreises entstehen, doch ein Beschluss von Erich Honecker, der eine Bevorzugung der Bevölkerung anordnete, sorgte für das Entstehen des Arbeiterwohnheimes. Dort waren Kumpel und auch NVA-Soldaten im Winterkampf untergebracht, der Rat des Kreises musste unterdessen im Schloss und den Baracken dahinter bleiben.
Noch 1990 beschloss der Runde Tisch, dass eine geplante Bebauung des Marktplatzes mit höherwertigen Plattenbauten verhindert wurde, die wurden dann nach Cottbus für das Wendische Viertel gebracht.“
Diese Plattenbauten sollten ursprünglich für Holland gebaut werden, die wollten aber vorher ein Ensemble im Maßstab 1:1sehen. Trotz des gewünschten Baus im Wendischen Viertel in Cottbus ist es nie zu diesem Export nach Holland gekommen. Doch zurück nach Spremberg: „Nach der Wende haben die Spremberger erwartet, dass – wie vorher – die Stadt die Freiflächen bebaut. Doch das gestaltete sich deutlich schwieriger als angenommen. Vor allem die Klärung der – nun notwendigen – Eigentumsverhältnisse war eine wahre Odyssee und verzögerte das Vorhaben um Jahre. Ein erster Erfolg war das heute gelbe Haus an der Nordseite, das die GEWOBA mit einem privaten Partner bauen konnte – das war 1994.
Dieser Baufortschritt entspannte ein wenig den verständlichen Frust bei den Sprembergern, die mich drei Jahre lang immer am 11.11. an der Baugrube antreten und vom Multicar herunter Kies in die Gruben schippen ließen. Ich machte dabei gute Miene, aber wohl war mir dabei nicht. Aber ich versuchte, die Spremberger mit forschen Sprüchen aufzumuntern, wie ‘Der Osten des Marktplatzes ist unsere Ostfront’, was auf die großen Anstrengungen hindeuten sollte.
Nach mehrerem Hin und Her auf der Suche nach einer Möglichkeit zur Bebauung schaffte es schließlich die Stadt zusammen mit der GEWOBA, das heutige Giebelhaus zu errichten. Die Giebelfront verteuerte allerdings den Bau erheblich. Technisch gab es dann kaum noch Probleme.
Eine wichtige Rolle bis zum Bau des City-Centers Spremberg spielte die ASG – ein Modell, dass wir uns aus der befreundeten Gemeinde Deggendorf in Bayern abgeguckt hatten. Doch auch sie scheiterte beim Versuch, mit Investoren den Marktplatz zu bebauen. Gleiches gilt für einen Versuch, als die Stadt selbst bauen wollte – da fehlte ein Nutzungskonzept, und so blieben Investoren aus.
Froh bin ich, dass danach, sozusagen mit dem Ende meiner Amtszeit, auch der letzte freie Platz, die sogenannte „Nord-2-Baustelle“ bebaut wurde, dort, wo heute die Volksbank ihren Sitz hat. Vor meinem Start in den Ruhestand 2002 konnte ich also noch bei der Einweihung der Volksbank dabei sein, das war mir sehr wichtig.
Um noch einmal auf das Foto zurückzukommen: Es zeigt den Baufortschritt des Giebelhauses – ich nenne es lieber Giebelhaus, als das denglische ‘City-Center Spremberg’ -, ich bin mir sicher, dass es 1999 aufgenommen worden sein muss.
Eröffnet wurde das Giebelhaus ein Jahr später.
Froh bin ich, dass das Haus fast ausschließlich von einheimischen Firmen errichtet wurde. Nur Spezialarbeiten wie die Rolltreppe wurden von auswärtigen Fachfirmen übernommen, das konnte keiner bei uns übernehmen.“
Nun beginnt im Frühjahr der Umbau des Arbeiterwohnheimes und anschließend der Außenanlagen dahinter.
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