Spremberg: Der „Feurige Elias“ ließ Häuser zittern

Die Kohlebahnen fuhren von den Bahnhöfen und Gruben zu den Betrieben.

Buchhandlung
Die Dampflok steht vor der Spremberger Buchhandlung.

Ein ganzes Kapitel Spremberger Wirtschaftsgeschichte hat sich aus dem „Damals“- Motiv ergeben. Michael Popp aus der Dubrauker Straße in Döbern schreibt: „Hallo, wir sehen hier eine schöne Straßenszene aus den fünfziger Jahren in Spremberg. Die Aufnahme entstand an der Ecke Gartenstraße / Clara-Zetkin-Straße, heute Dresdener Straße. Aus der Gartenstraße kommt eine Lok der meterspurigen Stadtbahn, die Dresdener Straße in Richtung Lindenstraße querend. Für die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer war der Posten mit der Kelle in der Mitte der Kreuzung zuständig. In dem Eckgebäude befand sich zur damaligen Zeit die Volksbuchhandlung.“ Kürzer fassen sich Jutta Oberfeld aus der Stadtwaldstr. in Forst: „Spremberg, Kohlebahn, Dresdner Straße / Ecke Gartenstraße.“ und auch S.Raband aus Forst, Am Haag: „Es handelt sich um die Kohlebahn in der Dresdner Strasse in Spremberg.“

Etwas weiter holt Manfred Gnida vom Weinberg in Spremberg aus: „Die Niederlausitzer Städte hatten jeweils ihre eigene bedeutende Verkehrsgeschichte. Der Transport war wichtig für ihr Wirtschaftsgefüge. In Forst war es die Stadteisenbahn, die ‘Schwarze Jule’, in Muskau die Waldeisenbahn und hier in Spremberg die Stadteisenbahn, wobei jede dieser Bahnen ihren besonderen Charakter hatte. Aufsteigende Wirtschaft, besonders die der Tuchindustrie, verlangte Bahnbetriebe. Bau und Betrieb wurde vom Spremberger Magistrat am 13. Februar 1896 genehmigt und durch den Regierungspräsidenten von Puttkamer bestätigt. Es waren drei unterschiedliche Betriebsarten bestimmt: eine regelspurigen Bahn vom damaligen Roßplatz zum Staatsbahnhof, dem heutigen Hauptbahnhof, eine meterspurige Bahn zu den Fabriken in der Stadt sowie einer meterspurigen Bahn zum Antransport der Kohle von den Gruben ‘Anna’ und ‘Consul’ bei Pulsberg und ‘Gustav-Adolf’ bei Terpe. Die Betriebseröffnung der gesamten Bahnanlage wurde am 21. Januar 1898 im damaligen Hotel ‘Zur Sonne’ feierlich begangen. Zum Rätselbild: Die Bahn kommt aus der Gartenstraße und fährt über die Kreuzung in Richtung Lindenstraße. Die Stadtbahn brachte angelieferte Kohle zu den Fabriken. Vom Stadtbahnhof und Südbahnhof erfolgte der Transport durch Rollbockverkehr mit normalspurigen Güterwagen. Der Transport durch das Stadtgebiet war oft sehr abenteuerlich und bei den heutigen Verkehrsverhältnissen kaum noch denkbar. Im Bild regelt ein Bahnangestellter mit seiner Kelle den Verkehr über den Kreuzungsbereich, aber oft wurden auch Bremser gebraucht, die zum Beispiel beim Transport vom Kohlebahnhof den steilen Berg hinunter auf einem Wagen den Zug mit abbremsten. Ging es den Berg hinauf, so brauchte die Lok mehr Dampf und der Volsmund bezeichnete die Bahn auch als ‘Feuriger Elias’. Der Stadtbahnverkehr wurde am 31. Dezember 1956 eingestellt und ich denke, nicht lange davor entstand dieses Foto. Dort wo sich jetzt ein Kreisel ausbreitet, befand sich im Gebäude der Volksbuchhandlung ‘Bährs Ecke’ eine Bäckerei, später Süßwarenverkauf. Nach Abriss des Gebäudes und Neubau war darin die Commerzbank. Gut kann ich mich noch an die Volksbuchhandlung erinnern, denn wollte man Lizenzschallplatten, Kochbücher oder begehrte Literatur erhaschen, brauchte man schon etwas Beziehungen. Neben der Buchhandlung ist noch das Tabakgeschäft Breuer zu erkennen und daneben an der Ecke zur Kesselstraße war ein Friseur. Gerade lese ich einen Spruch eines Sprembergers über die Stadbahn: ‘Jahrzehnte getreu – mit unendlichem Fleiß durch Sprembergs Straßen auf holprigendem Gleis. Sie spukte, stöhnte, ließ Häuser erzittern, Verkehrsteilnehmer durch Qualm verbittern. All das ist nun vorbei. Schluss mit dem Bähnchen, es ist Ruh.’

Stadtbahnhof
An der Berliner Straße (rechts die noch erhaltene Fassade der Textilfabrik) lag der sogenannte „Stadtbahnhof“ der Spremberger Kohlebahn mit seinen Lockschuppen, Rangiergleisen und Umlademöglichkeiten.

Aus Gotha meldet sich H.-J. Klammer: „Es handelt es sich eindeutig um eine Aufnahme aus Spremberg, entstanden zwischen 1948 und 1950. Sie zeigt die Kreuzung Dresdener Straße, nach links Gartenstraße, nach rechts Lindenstraße. Sie zeigt auch eine Lokomotive der Spremberger Stadtbahn, die über ihre Gleise alle fünf Bahnhöfe von Spremberg (Hauptbahnhof auf dem Georgenberg, Westbahnhof in der Berliner Straße, Ostbahnhof auf dem Römmlerberg, Südbahnhof Richtung Trattendorf, und den Stadtbahnhof am Wilhelmsplatz) miteinander verbunden hat. In Spremberg waren auf diese Weise bis nach 1945 alle großen Betriebe mit einem Gleisanschluss angebunden.“

Arno Schulz aus Guben überlegt: „Das Ratebild vom 1. März kann eigentlich nur Lösung B sein. Die Lokomotiven der Forster Stadteisenbahn sahen anders aus. Cottbus hat eine Straßenbahn, da fuhren keine Loks auf der Straße (bis auf die Spreewaldbahn im Westteil der Stadt, d.Red.), somit bleibt nur die Spremberger Stadtbahn, die von 1898 bis 1956 dort verkehrte.

Ekkehard Schicketanz vom Kollerberg in Spremberg meint: „Auf dem Foto der Ausgabe 1. März erkenne ich unsere alte ‘Bimmel-Guste’, die Stadtbahnlokomotive von Spremberg. Auf dem Foto steht sie auf der Gartenstraße, Ecke Clara-Zetkin-Straße (Heute wieder Dresdener Straße). Zum Glück, oder leider wurde der Stadtbahnverkehr am 31. Dezember 1956 eingestellt. Sie war ein Begleitstück meiner Kinder- und Schulzeit. Nach dem 2. Weltkrieg war die Stadtbahn ein wichtiger Helfer bei der Versorgung der verschiedenen Betriebe mit Kohle. Am Spremberger Südbahnhof wurden die Güterwaggons der Deutschen Reichsbahn auf Rollböcke montiert, damit die Spurbreite der Stadtbahngleise befahren werden konnte. Auf dem Foto sind noch die Volksbuchhandlung, das Trikotagengeschäft von Else Pechan und die Tabackhandlung Bräuer (Sportbräuer) zu erkennen. Diese Ecke hieß früher ‘Bärs Ecke’, weil dort der Bäcker und Konditor Bär sein Geschäft hatte. Eine Nachfahrin vom Bäcker, Bärs Lotte, arbeitete im Trikotagengeschäft von Frau Pechan.“

Klaus Reiter aus Cottbus freut sich: „Es ist immer wieder schön, Bilder aus meiner zweiten Heimat zu sehen. Zu erkennen ist die Kohlebahn in der Dresdener Str./Gartenstr.; heute ist dort der Kreisverkehr. Am 21.1.1898 wurde er, der ‘Feurige Elias’, gemeinsam mit der normalspurigen Bahn in Betrieb genommen. 58 Jahre versorgte die Bahn die Betriebe mit Kohle und sonstigen Materialien über ein Streckennetz von 23 Kilometern. Der Umschlagbahnhof befand sich auf dem Roßplatz. (Puschkin-Platz) Die zweiachsigen Dampfloks wurden 1925 von Borsig gebaut. Von 1956 bis 1960 wardie Lok kurzzeitig bei der Harzquerbahn als Rangierlok im Einsatz. Im Eckgebäude war der Bäcker Bär drin, deshalb der Spitzname ‘Bärs-Eck’. In das linke Gebäude, wo die Volksbuchhandlung war, ist die Commerzbank eingezogen. Die Lok fuhr am 31.12.1956 das letzte Mal und sie befindet sich heute bei der französischen Museumsbahn bei Paris.“

Frank Irmer mailt: „Die Lösung lautet B, wir sind in Spremberg. Die Aufnahme ist zu einer Zeit gemacht worden, als Spremberg noch über eine eigene ‘S-Bahn’, sprich Stadtbahn, mit mehreren Haltestellen und Anschlussstellen verfügte. Alle größeren Betriebe in Spremberg waren an das Gleisnetz angeschlossen, ebenso wie alle vier Bahnhöfe. Sie tuckerte noch bis in die 1950er-Jahre über die Gleise in der Stadt.“ Schließlich fügt Jens Pumpa aus der Rostocker Straße in Cottbus an: „Das Foto zeigt die Kreuzung Dresdener-, Garten- und Lindenstraße. Im Vordergrund befindet sich ‘Bär’s Ecke’. In diesem Haus waren im Erdgeschoss die Volksbuchhandlung, Strumpfwaren Pechan und das Geschäft der Firma Bräuer (Tabakwaren). Die Stadtbahn wurde 1898 gemeinsam mit der regelspurigen Bahn zum Staatsbahnhof und der ebenfalls meterspurigen Kleinbahn zum Transport der Kohle von den Gruben in Betrieb genommen. Sie hatte die ansässigen Textilbetriebe mit Kohle zu versorgen. Damals gehörten fünf Bahnhöfe zur Nutzung der Stadtbahn. Heute gibt es nur noch den Hauptbahnhof. 58 Jahre fuhr die Lok, der ‘Feurige Elias’, durch die Stadt.“

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