Altes Spremberg: Radsportverein in Wolkenberg

Radsportverein
Radsportverein in Wolkenberg

Wohl eines der schwersten Rätselbilder stellte Familie Bränzel zur Verfügung.
„Das Foto müsste in Wolkenberg in den 20er-Jahre aufgenommen worden sein, die Radfahrer haben Station bei ‘Baude’ gemacht“, erzählt Joachim Bränzel, der selbst aus dem abgebaggerten Ort stammt und heute in Spremberg wohnt. „Leider weiß ich nicht, um welchen Sportverein es sich hier handelt. Es muss ja nicht der Wolkenberger sein.“ Dort wurde 1928 ein Radfahrer-Verein gegründet, wie aus der Ortschronik zu erfahren ist. „Die Gaststätte ‘Baude’ war ein beliebter Ort zum Einkehren und Feiern, man sieht’s an den Biergläsern, und ein Schnäppschen gab es auch, wie man am Radfahrer sieht, der hinter dem Schild steht.“ Leider ist trotz größter Anstrengungen auch mit Lupe die Schrift auf der Kreidetafel nicht mehr vollständig zu erkennen: ‘Zum Andenken an die Rennfahrt…’. „Es kann kein bürgerlicher Verein gewesen sein“, sind die Überlegungen von Karl-Heinz Teschke, der sich sehr um eine Auflösung bemühte und bei älteren Sprembergern recherchierte. „Das sieht man an den Mützen, die waren typisch für die Arbeiterklasse. Interessant sind auch die beiden Fahrräder, die im Vordergrund vor der Truppe liegen. Deutlich sind die kleinen Naben an den Hinterrädern zu erkennen. Das deutet auf den noch fehlenden Freilauf hin, der erst später erfunden wurde. Also mussten die Fahrer beim Fahren stets treten, bei manchen Kunsträdern, wie beim Radball, ist es heute noch so. Zur Hilfe beim Auf- und Absteigen verfügten die Naben über fingerlange Schrauben, auf die man draufstellen und so bequemer aufsteigen konnte.“ Übrigens gab es auch in Spremberg einen Fahrradbauer: Die Firma Keitzel & Co. produzierte solche Fahrräder unter dem Namen „Stabil“ ab 1871. Absatz hatten sie genug, denn 27 Gemeinschaften bildeten sich im Kreis, unter anderem „Vorwärts“ Slamen (1901), „Wanderlust“ Stradow (1904), „Fahrwohl“ Kochsdorf (1908) und „Frohsinn“ Weskow (1911). Das Radwandern entwickelte sich schnell zum Volkssport, wobei bereits Anfang des 20. Jahrhunderts große Strecken zurückgelegt wurden. Sogar die schnellsten sind überliefert: Nach einem Prozess vor dem Landgericht Cottbus gegen 40 Aufrührer im Herbst 1886, kam der Spremberger Anzeiger auf die Idee, die Berichte so schnell wie möglich – per Fahrrad – zu besorgen. Die Veloziped-Fahrer A.Royk, O. Plath und B. Senkel schafften die Strecke nach Spremberg in 72 bis 80 Minuten! Der Fahrrad-Kurier war geboren.
Die Tatsache, dass es sich auf dem Foto um keinen bürgerlichen Verein handelt, bringt Karl-Heinz Teschke auf eine weitere Möglichkeit: „Wahrscheinlich waren die Sportler auch Mitglied im Arbeiter-Radfahrer-Bund.
Anfangs gab es auch keine speziellen Radsportvereine, wie wir sie heute kennen; die Trennung der einzelnen Sportarten war damals nicht üblich. Zum Beispiel gab es zu jener Zeit den Turnverein „Eiche“ Heinrichsfeld, der übrigens Mitglied im Sport-Turn-Bund Spremberg war. Die verschiedenen Sportarten tauchten nur in den Anmeldebögen auf. Denn hier wurde nicht nur geturnt. Allerdings sind die Sportler des Rätselbildes ganz sicher nicht vom Turnverein „Eiche“, denn die Sektion Radsport gab es hier nicht. Turner haben damals alles gemacht. Zuerst sonderten sich die Ballsportarten ab und bildeten eigene Vereine.“ Einer der ersten engagierten Organisatoren und Leistungsförderer des Radsports im Landkreis waren Otto Jäckel und Walter Noack.

Radsportler
Humor hatten die Radsportler – das beweisen solche Ansichtskarten, die Karl-Heinz Teschke zur Verfügung stellte.  Statt die Leute zu erschrecken, galten die Sportler als sehr diszipliniert und gründeten bald eigene Vereine.

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