Arbeit? Relativ schlecht

H_kommentar_wpVor allem müssen wir die Leute in  Arbeit bringen; dem ordnet sich alles unter! Worte eines Cottbuser OB-Kandidaten. Grundsätzlich und zweifellos richtig. Leider aber nicht aktuell. Kleinschmidt hat sie vor 21 Jahren im Spätherbst 1993 gebraucht. Sein Bündnis-Grüner Gegenkandidat Derling wollte da noch die Kassen prüfen und die BuGa absagen. Der Kämpfer für Arbeit gewann. Aber die Umstände erlaubten nicht, dass sein Wollen wurzelte.
Heute haben wir 13,6 Prozent Arbeitslosigkeit in Forst, 12,8 in Guben, 10,7 in Spremberg und 9,3 in Cottbus. Jeder Zehnte im blühenden Alter ist 25 Jahre nach dem „Wir sind das Volk“ ohne Job. Ein Skandal!
Hier im Südosten Brandenburgs liegt die Arbeitslosigkeit – grob gesagt – doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Daran gemessen sind die Großplakate der Wahl einfach zu nett, zu belanglos, zu daneben.
Und Kleinschmidts Satz von 1993 bringt keiner der heutigen drei OB-Kandidaten über die Lippen. Die Arbeitsagentur feiert den aktuellen Zustand unwidersprochen als Erfolg und verwaltet hingebungsvoll die Schwankungen zwei Stellen hinterm Komma. Relativ gut, ja geradezu positiv sei die Situation am Arbeitsmarkt – verglichen mit der bundesdeutschen Quote von 6,6 Prozent.
Was sich hinter den „Quoten“ verbirgt, wissen wir: Da sind Leute, die vergeblich irgendeine Arbeit suchen, andere, die für Hungerlöhne jobben, nicht wenige, die selbst ordentliche Angebote ausschlagen und lieber saufen, weil das nicht mehr anstößig ist. Und da sind in viel zu großer Zahl junge Leute, die den Jammer sehen und jegliche Arbeit ablehnen.  Alles relativ schlecht. Aber im munteren Wahlkampf einfach ein Tabu.

 

Jürgen Heinrich