Vielleicht hat jemand am Montag fröhlich eines Ereignisses gedacht, das sich, inzwischen bedeutungslos aus der Geschichte gefallen, zum 75. Mal jährte: die Gründung der DDR. Gewiss, jener Geburtstag war ein Kraftakt wenige Wochen nach Gründung der BRD. Niemandem außerhalb des Machtzirkels gefiel, dass sich die deutsche Teilung manifestieren sollte, und welches Leid die „revolutionäre“ Rechtsbeugung im Laufe von Jahrzehnten verursachte, wird gerade noch aufgearbeitet. Aber die Erinnerung trügt nicht. Es gibt viele Zeichen, die jener Zeit ein redliches Bemühen um das Menschenglück bescheinigen, und die Mehrheit derer, die da hineinwuchsen, hatte den positiven Kern verinnerlicht. Musik, Dichtung, Malerei haben Spuren der Freude bewahrt. Allen voran sei das Werk „Aufbau der Republik“ (1952) von Max Lingner genannt. Der Malprofessor der Dresdener Schule hat seine Sicht auf das Thema als großes Wandbild auf Meißener Porzellan im damaligen Haus der Ministerien in der Leipziger Straße in Berlin hinterlassen. Es ist von fast naiver Leichtigkeit und kann – welch Glück nach so viel Bilderstürmerei – noch heute besichtigt werden. Es schmückt jetzt allerdings Lindners Finanzministerium und ist wohl nicht für jedermann zugänglich. Warum erinnern wir uns an das Bild, mit dem die Auftraggeber damals wegen der fehlenden kämpferischen Note recht unzufrieden waren? Ganz einfach: Weil es für die Volksstimmung steht, den ehrlichen Willen zum guten, friedlichen Aufbruch. Zeitzeugen vermuten, dass den selbst auch Pieck & Co. damals antrieb. Aber es fügten sich Selbstherrlichkeit zur Macht und all die Speichelleckerei drumrum, die wir kennen. Lingners Leichtigkeit, die er aus französischer Emigration mitbrachte, ging unter in der fehlbesetzten Führung, die keine Spur von Erneuerung zuließ. Was sagt uns das? Auch die Leichtigkeit der 1990er Jahre schwand. Kann sie einer demokratisch gewählten Führung ebenso entgleiten wie jener selbsternannten von damals? J.H.
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