Vermutlich ein harmloses Wildschwein war vergangene Woche Donnerstag zur Raubkatze mutiert. Vielleicht Puma, vielleicht Löwe oder möglicherweise ganz sicher Löwin, meinten „Experten“, nachdem ein Augenzeuge ein total unscharfes Handybild zur Polizei gebracht hatte. Die tat, was alle von ihr erwarten: Sie schonte sich nicht. 220 Einsatzkräfte waren im Nu in Berlin-Zehlendorf unterwegs, weitere in Brandenburg, dazu Hubschrauber und Nachtsichtgeräte. Der SPD-Bürgermeister von Kleinmachnow, Michael Grubert, berief umgehend eine Pressekonferenz ein: „Die Lage ist ernst!“ Das war kein Happen für eine hungrige Löwin, aber gefundenes Fressen für die Nachrichtenagentur dpa und diverse regionale und überregionale Blätter, natürlich auch für BILD. Ein gefährliches Raubtier in Brandenburgs Büschen. Womöglich aus illegaler privater Haltung. Was für eine Story! Es hat sich herumgesprochen: Die Löwin war eine Ente, eine Zeitungs-Ente. Der Vorgang als Ganzes lässt einen braven Bürger aber doch schaudern. Wie naiv agieren Polizei und Politik. Und wie gierig stürzen sich Medien im Eifer, den vollkommen enthemmten sozialen Medien mit ihren Nachrichten noch zuvorzukommen, auf jeden Blödsinn.
Es muss einem bange werden, bei dem Gedanken, welche verschwommenen Bilder noch alles zu polizeilich anerkannten Augenzeugnissen werden könnten. Vielleicht fotografiert mal ein Pilzsucher mit zitternder Hand einen braven Jäger, der hinterm nächsten Maisfeld auf ein schon von der Schweinepest geschwächtes Schwarzwild zielt. Bei ganz genauem Hinsehen erkennen amtliche Betrachter ganz unverkennbar einen Russen mit einer Kalaschnikow im Anschlag! Großalarm nicht nur bei der nächsten Polizeiwache und dpa-Korrespondenten. Scholz reagiert gemäß der Nachrichtenlage, die Panzer rollen. Es stehen genug bereit.
Oh Gott! Wäre es doch nur ein harmloser Löwe gewesen, und sei’s, wie bei Meinhard Bärmich (oben) eine als Leu maskierte Wildsau. J.H.

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