Kommentar: Ausstieg vom Ausstieg

Vorerst kommt unserem urigen Bundeswirtschaftsminister der Kohleausstieg 2038 oder gar 2030 kaum über die Lippen. Er rät vielmehr, Duschköpfe zu wechseln und Gefrierfächer abzuschalten. Ex-Bundespräsident Gauck will sogar „frieren für die Freiheit“. Das sind so Sprüche aus der früheren „Trommel“. Die Gaskrise hat unsere Regierenden aus der Spur geworfen. Sie geben Putin die Schuld, doch sie tragen sie selbst, weil ihrer Politik Weitsicht und die Verantwortung für das eigene Volk fehlt.
Für die warmen Wohnungen im kommenden Winter bleibt, wenn wohl auch zu schmerzhaften Preisen, die einschlägige Wirtschaft zuständig. Die LEAG fährt vier Jänschwalder Blöcke auf Hochtouren und produziert so Strom und Fernwärme für Cottbus und Peitz. Die Blöcke E und F, seit vier Jahren in Sicherheitsbereitschaft, sollten am 1. Oktober ‘22 bzw. ‘23 endgültig ausgemustert werden. Nun sind sie wieder begehrt, aber es gibt keine Fachleute dafür und außerdem hinderliche Emissionsgrenzwerte. Ein typischer Fall der desaströsen Folgen politischer Einmischung in Wirtschaftsläufe. Hundert Mitarbeiter, heißt es, würden schnell gebraucht, um die zwei Turbinen wieder anzufahren. Fachleute, die dann anderswo, etwa im Handwerk, fehlen. Und es werden auch Leute für ein weiteres Jänschwalde-Projekt gebraucht. Schon 2028 soll ein neues Gas- und Dampfturbinenkraftwerk für 1 000 Megawatt Leistung in Betrieb gehen, das im späteren Verlauf zu 50 Prozent auf Wasserstoffbetrieb umgestellt werden kann. Noch dieses Jahr beginnt in Schwarze Pumpe der Bau der Pilotanlage.
Das alles sieht nach Vernunft und nicht nach Ausstieg der Lausitz aus ihrem Kerngeschäft, der Energieversorgung, aus. Der jahrmarktsmässig betrommelte „Strukturwandel“ muss
auf den grünen „Wandel“ verzichten und zur Strukturstärkung gedacht werden – mit mehr Hochschule, mehr Medizin, besserer Infrastruktur, mehr Bahnwerk und eben auch mehr modernster Energieerzeugung. J.H.

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