In zwei, drei Tagen sind grüne Dächer überm Hof entstanden. Die Sperlinge treiben’s toll. Aber nicht droben in den Wipfeln, sondern auf der blanken Edelstahlstange vor meinem Fenster. Hin geht er und her, der Tanz, und schon hat’s gefunkt. Puschel, puschel. Und nochmal. Sperlingsglück auf glänzendem Parkett. Ganz anders, aber doch wie immer.
Nun ja, Goethes „Osterspaziergang“, eines seiner populärsten Gedichte, will klimatisch nicht mehr so recht in die Zeit passen. “Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, Durch des Frühlings holden, belebenden Blick.
Im Tale grünet Hoffnungs-Glück; Der alte Winter, in seiner Schwäche, Zog sich in rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur Ohnmächtige Schauer körnigen Eises…“
Der Spaziergang und dieses Gespräch zwischen Dr. Faustus und seinem Faktotum Wagner fand, sollte man wissen, im Mittelalter statt. Da gab es grimmige Winter. Das erhabene Gefühl, das Erwachen der Natur zu erleben, hier mit den Sperlingen, da mit dem Ausruf. „Kehre dich um, von diesen Höhen Nach der Stadt zurück zu sehen“ bleibt gleich.
Da ist das bunte Gewimmel: „Jeder sonnt sich heute so gern. Sie feiern die Auferstehung des Herrn, Denn sie sind selber auferstanden… Aus Straßen quetschender Enge, Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht Sind sie alle ans Licht gebracht.
Wie schön, wie friedvoll. Im Gedichttext nicht erwähnt, aber auf dem Theater fein arrangiert, hat sich den schwärmenden Männern ein Pudel angeschlossen, der getarnte Mephistopheles. Sie bemerken ihn nicht und sind ganz und gar, wie auch wir alle Jahre wieder, emporgehoben zu Glaube und Hoffnung. Dr. Faustus schließt seinen Monolog: „Ich höre schon des Dorfs Getümmel, Hier ist des Volkes wahrer Himmel, Zufrieden jauchzet gross und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s sein.“ Mögen auch Ihnen gute Nachrichten das Herz erweitern. Aber verlieren Sie den Pudel nicht aus dem Blick. Frohe Ostern Ihnen allen. J.H.
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