Kommentar: Unter uns
Kommentare | Von CGA Verlag | 2. November 2019Dieser sonnige Spätherbst hält politisch die Rätsel offen, für die viele von uns auch im September keine schlüssige Lösung wussten. Damals haben die Sachsen und wir Brandenburger zum großen Teil unsere Wählerstimmen an die AfD gegeben. Jetzt hat sich das in Thüringen, wo der sympathische linke Ministerpräsident wirtschafts- und sozialpolitisch doch eine wirklich gute (für Links ungewöhnliche) Alternative war, wiederholt: hoher Stimmenanteil für die Blauen.
In den Talkrunden werden die (immer gleichen) Diskutierer nervös. Was läuft da? Warum glauben Ostdeutsche in ihrem Alltagsärger, dass ihnen Leute im klassischen West-Outfit und mit ebendieser Geilheit auf Macht und Mittelpunkt helfen können? Wie kann jemand, weil er sich über Kitagebühren und dumme Rathaus-Manieren ärgert, auf Kalbitz, Höcke oder Gauland setzten? Das hat keine Logik.
Es hat jedenfalls wenig mit dem zu tun, was die meisten Menschen hier am Ort erleben. Auch hier haben die Parteigänger von CDU, SPD und teils auch Linken an Zuspruch verloren. Manche tragen die Nasen zu hoch und die Taschen zu offen. Das kommt vor und findet die entsprechende Quittung. Die mag AfD heißen, aber auch AUB (Aktive Unabhängige Bürger) oder Bürgerbündnis mit lokal unterschiedlichen Namen und Programmen. Falls es gelänge, diese neue Breite des Ehrenamts von jeder Seite zu akzeptieren (auch in den Verwaltungen!) und Meinungsstreit statt Postengerangel zu versuchen, stellen alle schnell fest, dass viel Arbeit zu tun bleibt. Die Chef-Ideologen haben nicht vor, die zu erledigen. Die brauchen unten Probleme, damit sie oben Phrasen formulieren können.
Wir müssen also die Kuh unter uns vom Eis kriegen. SPD, Grüne, Linke, Bürgerbewegte – alle zusammen. Die große Politik ist weit entfernt von Klarsicht. Aber schließt das Bündnisse, die der Zweck heiligt, an der Basis (oder in der Mitte) aus? J.H.