Drei tolle Tage erlebt die Lausitz dieses Wochenende: Stadtfest in Cottbus. Es gibt viel Musik, Gaudi auf Karussells und Bühnen. Man trifft sich endlich wieder. Zwei Jahre war Stille, nun begegnen sich Menschen, die sich vielleicht lange nicht trafen. Bloß gut. Da lässt sich unter Vertrauten im Kopf einiges ordnen, was in Verwirrung geriet im erzwungenen Alleinsein und allzu vielen Morgenmagazinen und Abendnachrichten.
Welcher Tonfall da herrscht! Das Format „Berlin direkt“ moderierte letzten Sonntag einen Beitrag zu Mehrausgaben für die Bundeswehr mit den Worten an: „Jetzt droht der Russe und alles wird anders.“ Wer droht? Der Kanzler, nun eingeblendet, erklärte, zu den 100 Milliarden Einmalausgaben fürs Heer kommen künftig zwei Prozent vom Bruttosozialprodukt (bisher 1,34 %) hinzu. Er nennt es „Zeitenwende“.
Ein allzu großes Wort an dieser Stelle, denn er sollte wissen, dass Medieneifer solches in vorauseilendem Gehorsam sofort aufbläht. Und richtig: Zwei Stunden später lief im gleichen Sender eine deutsche Kriegsdokumentation. Nicht grau-trüb, sondern aufwändig koloriertes Frontleben! Aufgehübschte dunkle Scheußlichkeit im öffentlich rechtlichen Fernsehen. Aber: Der Russe droht.
Niemand mag gutheißen, wie Moskau die Ukraine bedrängt. Das ist jedoch ein post-sowjetischer Konflikt, der ausgestanden sein will. Doch keinesfalls mit deutschen Waffen und Wehrmachtsgesängen. Wenn bedrohte Ukrainer oder Russen Hilfe in Deutschland suchen, sollen sie die gern bekommen. Aber dafür müssen wir nicht blau-gelb flaggen. Unsere Symbole einer erfolgreich durchstandenen „Zeitenwende“ sind die Friedenstaube und „Schwerter zu Pflugscharen“. Scholz weiß das, er war früh dabei im Osten und kann’s seinen jungen grün-gelben Koalitionären erklären. Reden wir darüber auf unserem Stadtfest, genießen „Cottbus open“ und Sonntagabend den nachdenklich gewordenen KRÄHE (einst SIX) an der Oberkirche. J.H.
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