Mit Wachs und Federkiel

Heinrich kommentar wp 1Nun also nahet das Osterfest. Hier in der Lausitz wird es mit Wachs, Nadel und Federkiel vorbereitet. In Kindergärten, Schulen, Museen und auch in vielen Familien sind die Eier, ausgeblasen oder hart gekocht, in die Farbtöpfe getaucht worden, und ganz gleich, wie die Vogelprodukte gelungen sein mögen – sie sind allemal besser, als die Plastikeier, die in allen Vorgärten schaukeln. Vielleicht erschrecken die nachts die Marder – die österliche Frohe Botschaft unterstützen sie wohl kaum.
Schon Goethe hatte seine Bedenken, ob die festlich gut gelaunten Leute wirklich die Auferstehung des Herrn meinen mit ihrem Lachen und Rufen. Mag sein, sie fühlten sich nur selber auferstanden aus dem Dunkel des Winters. In der Tat sind es heutzutage nur wenige Menschen, die das aufgehende Licht besonnen in den Räumen der Kirche erwarten, dagegen viele und immer mehr, die sich an den heidnischen Feuern versammeln.
Glauben oder nicht. Vielleicht tun sie doch alle dasselbe. Sie suchen sich einander, die Menschen, und fühlen ein Auferstehen in der Gemeinschaft. Wenn das Kreuz durch die Auferstehung zum Siegeszeichen wird, so doch nur für einen inneren, einen charakterlichen Sieg. Denn neue Kreuzzüge zum Zwecke des Be-Siegens anders Denkender oder anders Betender können die Evangelisten nicht meinen. Ganz sicher nicht.
Die bunten Eier? Haben sie nichts damit zu tun? – O doch! Sie sind wie das Brot, das der Heiland verteilt, denn sie führen zusammen und zeugen Freude, Liebe für den Nächsten.
Mit Wachs und Federkiel ist Ostern gekommen, und für alle, die sich Zeit dafür nahmen, ein Auferstehen. Allen Übrigen sei’s auch so gewünscht: Frohe Ostern.

  Sie erreichen den Autor: j.heinrich@cga-verlag.de