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Leserbrief: Unheimliche Stille in der Stillen Zeit

Leserbriefe | Von | 9. April 2020

Ostersemmel

Übliches Patengeschenk zu Ostern: Die Burger Ostersemmel in Form eines Palmblattes (Einwohner Jerusalems legten vor Jesus Palmblätter auf seinen letzten Leidensweg) und gefärbte, unverzierte Eier Foto: Siegfried Malk

Von Siegfried MALK. Ostern 2020. Ein denkwürdiges Datum, an das wir uns vielleicht lange erinnern. Ja, es wurde diesmal besonders still in dieser vorösterlichen Zeit, die man hier in der Niederlausitz – und vielleicht auch in anderen Gegenden mit lebendiger kirchlicher Tradition – als die Stille Zeit bezeichnete.
Spät, wieder viel zu spät sind endlich die letzten Fastnachtsumzüge verstummt und auch Ketten und Kreissägen dröhnten längst nicht so laut durch die Ruhe im Spreewald. Diesmal war es ganz besonders ruhig zur Passionszeit.
Still wurde es vor Ostern aber auch in den Friseursalons und Textilgeschäften. Das allerdings passte nicht zur Tradition. Im Gegenteil: Bei uns im Spreewald war es üblich, dass die Kinder, bevor sie Ostern zu den Paten „nach Ostereier gingen“ (wendisch: po jaja), neu eingekleidet wurden und auch die Haare geschnitten bekamen. Alles fällt in diesem Jahr weg: das Haareschneiden, das Einkleiden und auch po jaja.
Hotels und Pensionen bleiben geschlossen, die vielen Touristen fehlen, und auch die Eröffnungen der Kahnfahrtsaison mit großem Rummel, Blasmusik und Trachtenreigen fallen regelrecht ins Wasser – nicht nur, weil es Stille Zeit ist. Danach hatte sich ja in den letzten Jahren sowieso kaum noch jemand gerichtet .
So lange hatte diese Abkehr von den Bräuchen der Vorfahren niemanden gestört im Spreewald. Plötzlich aber zwingt ein Virus die Menschen hier zu Ruhe und Stille, zu eben jenem Verhalten, das schon unsere Ahnen einst in dieser vorösterlichen Zeit kannten und ernst nahmen. Ob nun auch das Ostersingen am Ostermorgen und das Läuten der Glocken in der Osternacht ausbleiben? Die traditionellen Osterfeuer werden diesmal wohl kaum die dunkle und stille Osternacht erleuchten.
Überall verordnete Stille. Ruhe herrscht dann auch in den Gotteshäusern – ein Zustand, den selbst die Ältesten unter uns noch nie erlebten.
Und trotzdem bleiben sie, die Erinnerungen an das schöne, lebendige und familienfreundliche Ostern und die Auferstehung. Und wir haben die Hoffnung, dass nach der Stillen Zeit bestimmt wieder eine gute andere folgt.

Der Autor lebt in seinem Spreewälder
Elternhaus und schreibt im Burger
Heimatkalender „Stog“ und in den
NIEDERLAUSITZER Jahrbüchern



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