Portrait: Horst Neugebauer

Horst Neugebauer
Der Cottbuser Kraftverkehr begeht in diesen Tagen 50jähriges Jubiläum. Ein Teil davon wurde als Cottbusverkehr kommunal, die Spedition ist in der Unternehmensgruppe Niederlausitzer Kraftverkehrs GmbH unter dem Begriff CoSped privatisiert. 65 Lkw rollen mit Cottbuser Kennzeichen über die Autobahnen und Fernstraßen. Einen steuert noch immer Horst Neugebauer. Fast auf den Tag seit 36 Jahren lenkt er die großen Brummer vom Kraftverkehr. Sie waren sein Kindheitstraum…

Ein ganz “normales” Leben ist das nicht. Horst Neugebauer, stählerner Sechziger, gut trainiert, sonnengebräunt, ausgeglichen und top-fit, gibt es zu. Gleich als das begann, kam ihm die Frau abhanden und auch alles andere Private blieb auf der Strecke. Aber er hatte es gewollt. So und nie anders.
Schon als Knirps wollte er große Autos fahren, zog zur Autobahn und sah den großen Brummern nach. Das war in Pitschen-Pickel, einem winzigen Ort im Kreis Luckau. Da hat er noch Wurzeln. Aber wichtiger als das Daheimsein war ihm immer die Ferne. Nach der NVA-Zeit verwirklichte er seinen Traum. Erst waren es DDR-Touren auf dem “H3A”, dann dem “S 4000”. Schließlich kamen die Skoda-Fernzüge, und Horst Neugebauer hatte Glück. Für ihn, den Zuverlässigen, Bodenständigen, öffneten sich die Schlagbäume: Moskau, Leningrad, dann Düsseldorf, Holland und immer wieder Schweden hießen seine Routen. Oder Griechenland. 8.000 Kilometer hin und zurück. Durch Rumänien, Bulgarien. Straßen manchmal, die eigentlich keine waren. Mit endlos langen Aufenthalten an den Zollstationen. “Natürlich liefen die Fahrzeuge nicht so zuverlässig wie heute,” erzählt der Kapitän der Landstraße jener schwierigen Jahre. “Man hatte aber sein RGW-Scheckheft und kam immer weiter, in der SU nach viel Improvisation meist mit kostenloser Leistung.” Bißchen Schulrussisch, sagt er, habe im Ostblock gereicht. Und: Hier wie drüben kam’s auf Persönlichkeit an.
Wo’s ihm am besten gefiel? Da ist sich der unverhohlene Romantiker nicht sicher: Die herrlichen russischen Weiten oder Schweden, das langgezogene Land mit intakter Natur, vorbildlichen Straßenverhältnissen und freundlichen Menschen.
180.000 Kilometer waren damals seine Jahresnorm, heute kommen vielleicht noch 120.000 zusammen. Aber eins blieb: “Vor jeder Fahrt packt es mich wie Fieber. Es ist eine Leidenschaft: In den erwachenden Tag hineinzufahren, in ständig neue Morgenstimmungen, vor mir weit, weit die Straße…” Mitten im Schwärmen bricht er ab und ergänzt: “Ja, ich war immer motiviert vom eigenen Schaffensdrang.” Sein Chef Jürgen Gypser bestätigt: “Das ist ein Unermüdlicher, eigentlich Unersetzbarer.” In DDR-Zeiten brachte das dem Vorzeige-Kraftfahrer einen spektakulären Titel ein: Held der Arbeit. “Ich war das kleinste Licht beim Staatsakt im Palast, unter lauter Koryphäen,” erzählt er und schmunzelt: “Das war aber einfach zu viel, zu hoch.”
Der Mann hat ein Gespür für Werte. Aufhören will er bald im Job, mit dem Sohn, der in Halle ebenfalls Spedition macht, Privatleben nachholen. Beide haben den Honda-, BMW- und Harley-Fimmel, touren durchs Lausitzer Land.
Davon also träumt Neugebauer jetzt, wenn er in den Volvo klettert zur Nachtfahrt nach Bielefeld.
Die “Mühle” hat zehn Jahre runter. Ob er nochmal auf einen neuen Brummer umsteigt?
J.H.

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