“Bitterfelder Weg” in Mansfelder Mystik

Szenenfoto
Szene aus “Im Berg”: der “Herr Dichter” Robert Kuchenbuch und die gefügige Betriebszeitungsredakteurin Charlotte Müller. Foto: Frank Hammerschmidt

Anmerkungen zur heftigen Ideologie-Operette “IM BERG” von Petras/Vogel/Kürstner nach Fühmann.

Cottbus. Wer je ins Mansfelder Kupfer einfuhr, wo der einarmige Kombinats-Generaldirektor Prof. Jentsch (1921-2014) legendär für 49.000 Beschäftigte (einige davon im Finsterwalder Zweigbetrieb) das harte Arbeitsleben mit Kultur verknüpfte, unter anderem Sonderzüge zu Leipziger Gewandhaus-Konzerten schickte und auf Du mit der halben Belegschaft war, spürte, dahinkriechend, inneren Aufruhr IM BERG. So ging es dem Schriftsteller Franz Fühmann (1922-84), den der “Bitterfelder Weg” (Künstler sollten Proletarier-Schweiß riechen) da hin führte, und so mochte es manchem ergangen sein, der die Inszenierung „IM BERG” jetzt im Staatstheater sah – eine schnelle Szenenfolge von schriller Poesie, großer Bildkraft und ausdrucksstarker Musik. Auf dem schwarzen Bühnenberg (Ausstattung Peta Schickart) geht es weniger um Kupfer, als vielmehr um Ideologie und Angstträume, operettenhaft zu einem Epos vom ostdeutschen Untergang verschnürt. Details sind durchaus dem dramaturgischen Ziele angepasst, denn die Vorlage, Fühmanns selbstbezichtigendes Romanfragment, gibt Spielraum genug. Armin Petras, der den Stoff dramatisierte und selbst Regie führt, ist ein Meister malerischer Metaphern, setzt das Mittel raumgreifender Videos (Rebecca Riedel) ein, mischt Träumerisch-Phantastisches mit sprödem Realismus und profitiert immer wieder von schönen, stellenweise fast erhabenen Musiksätzen, die stark zum Genre Oper tendieren (Komposition Sebastian Vogel, Thomas Kürstner / musikalische Leitung Johannes Zurl). Vor allem, aber gehen ihm wunderbare Sänger und Darsteller zur Hand. Immer wieder im Mittelpunkt: Nils Stäfes weicher Bariton als Brigadier und der unbeholfene „Herr Dichter” des Robert Kuchenbuch. Voller Lust zu korrumpieren agiert die Journalistin von Charlotte Müller. In weiteren Mehrfach-Rollen Torsten Coers, Verena Usemann, Maria Tomoiaga, Julia Domke, Michaela Winterstein, Lisa Schützenberger und Nico Delpy.
Wir sahen die dritte, gut besuchte Vorstellung (von insgesamt nur vier) dieser Uraufführung am Staatstheater Cottbus in Koproduktion mit dem dank Förderung der Länder Sachsen und Brandenburg finanziell üppig ausgestatteten Unternehmen “Lausitz Festival”. Die letzte Vorstellung folgt am Donnerstag, den 24. November 2022, 19.30 Uhr. Karten dafür gibt es im Theater-Besucherservice.
J. Heinrich

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