Schaurig schön: Anmerkung zum Thriller „Sweeney Todd“ am hiesigen Staatstheater
Cottbus. Das Feinste kommt zum Schluss. Intendant Stefan Märki steht zu diesem Spielzeit-Diagramm und begruselt die begeisterten Fans der Opernsparte mit einem Broadway-Thriller, in dem hauseigene Solisten und der Opernchor, geführt mit sprühender Begeisterung von Dirigent Johannes Zurl, die gefeierten Stars sind. Die freie Opernregisseurin Cordula Däuper hat das total verrückte Stück teilweise in Brechtchem Zynismus, teils als banales Puppentheater konfliktreich in Szene gesetzt und das mit schrillen oder ganz schwarzen Bildern (Bühne: Pascal Seibicke) und grellen Kostümen und Masken (Sophie du Vinage). Die Musik kommt nicht ohne Anleihen aus dem Hitchcoock-Horror aus und kopiert Soundtracks solcher Filme. Die Gesangstexte, beides im Original von Stephen Sondheim, holpern in deutscher Übersetzung. Am Broadway kam das Muscal 1979 groß raus, als erste deutsche Bühne wagte Freiburg1985 sein mörderisches Glück. Nun also Cottbus.
Gespielt wird blutige Rache an böser Welt. Baster übt sie, dem Richter Turpin Frau und Tochter nahm und der ihn verbannte. Als Sweeney Todd kehrt er nach 15 Jahren zurück und wird zum teuflischen Barbier der LondonerFleet Street, nun verbündet mit der hemmungslos geschäftsgeilen Mrs. Lovett. Warum sollte die Katzenfleisch wie die Konkurrenz in die Pasteten backen, wenn der Barbier fein rasierte größere Braten en gros liefert! Unglaubliches nimmt temporeich seinen Lauf. Es hatte als Kinofilm Erfolg und gelingt als dämonisches Meisterwerk auf diesem Theater. Herausragend dabei in Musikalität und schaurig hypochondrischem Spiel Nils Stäfe. Der Thüringer Sänger, nun in der siebten Spielzeit am Haus und dabei international erfolgreich unterwegs, betet mit heiligem Ernst das Rasiermesser an, das seine neue Liebe ihm zueignet. Phantastisch! Ihm zur Seite in neuer, beglückender Frische die großartige Gesine Forberger, wie sie das Publikum aus ihren allerbesten Zeiten kennt. Sie prügelt, nachtigallengleich singend, auf ihren Pastetenteig ein und lässt aus der hässlichsten Idee heiteren Sarkasmus blitzen.In diesem Atemzug bleibt der Chor zu nennen, unter Christian Möbius präzise einstudiert, der mit seiner bekannten Spielfreude das große Schmausen zum turbulent-hintergründigen Spottbild formt.
Andreas Jäpel, zuletzt glanzvoll in großen Aufgaben, bleibt hier zurückgesetzt als verhasster Richter. Schön und zart singend schaukelt Anne Martha Schuitemaker wie aus einer anderen Welt als Johanna ins Bild. John Ji gibt den Anthony Hope, Dirk Kleinke den Büttel. Die Bettlerin, das Verruchte der Gegend verkörpernd, kommt heftig von Zela Corina Calita, Hardy Brachmann ist der Pirelli und Thorsten Coers ein Mr. Fogg. Der lyrische Tenor von Manuel Ried, einem deutschlandweit gefragten Sänger, füllte als Tobias den Raum mit beschwichtigender Zartheit. Die war auch nötig, weil so Schlimmes nicht erwartet war. Aber man mag das. Der Beifall kam heftig und überaus herzlich. J. Heinrich
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