Moliers „Geiziger“ mutiert zum lüsternen Singspiel-Geizhals:
Cottbus (hnr.). Die runde 20 steht vorm vielversprechenden Theatersommer 2015. Glückwunsch dem in dieser Zeit natürlich häufig umbesetzten Team um Komödiendirektor Gerhard Printschitsch, der meist Regie führte und auch manchen Gast für Cottbus begeisterte. Danke für unvergessliche Stunden mit der „Piaf“ in der Stadthalle (1995), Goldonis „Campiello“ (1996) im malerischen Hof des Wendischen Museums, „Jedermann“ (1997) an der Kahrener Kirche, Aristophanes’ „Weibervolk“ zur Spielstätteneröffnung 2002 in der Petersilienstraße und manche Inszenierung mehr.
Das Stück dieser Saison stellt ein Gemüsebeet mit prallen Kohlköpfen in den Brennpunkt des Geschehens. Der alte Harpagon hastet, misstrauisch alle Winkel durchspähend, zum Acker und vergräbt seinen Schatz: zwei stattliche Barren reinsten Goldes!
Aus Moliers Klassiker „Der Geizige“ ist in der Text- und Liedfassung von Matthias Binner ein kurzweiliger, hier von Gerhard Printschitsch frech inszenierter „Geizhals“ geworden, der den eigenen Kindern nicht mal die begehrten Partner gönnt. Lüstern umgarnt er die eigentlich als Schwiegertochter ins Haus geratene Mariane. Aber natürlich entwickelt sich daraus nicht etwa eine Tragödie, sondern eben in heiterem Verlauf mit (zum Glück sparsamen) kabarettistischen Ansätzen und hübschen Liedern ein Sommerabendvergnügen mit Happy End.
Mit Wolfgang Linnenbrügger aus Münster hat die Titelrolle ein Meister des Boulevards im Griff, der sie mit gefälligem Bariton und ruhlos-gewaltiger Körpersprache ausfüllt. Herrlich, wie er in seiner Begeisterung den Kopf fast bis zur Erde beugt und die Gliedmaßen schwenkt, als habe er nicht zwei, sondern fünf Arme, um die Schätze und Schätzchen dieser Welt zu erobern.
Töchterchen Corinna De Pooter ist aus Hamburg auf dem beruflichen Bildungssprung nach New York unterwegs und ein Glücksfall für diesen Cottbuser Sommer. Sie bezirzt den etwas förmlichen Hausdiener (Dieter Gericke), und in schönen Duetten kommen sich beide wirklich nahe. Ihr Bruder Cléante, den der hier als Postkutscher bekannte Ronne Noack (mit sängerischem Debüt) gibt, hat es schwerer. Seine Eroberung – Annett Wohlgethan in wallender, rockloser Erscheinung – macht ihm der Vater streitig. Am Rollator (im Stück vorgesehen, wegen aktuellen Bandscheibenvorfalls aber tatsächlich nötig) tritt Gerhard Printschitsch in gipfelnde Wirrnis und leitet überraschende Aufklärung (nun doch im Stile griechischer Tragödien) ein. So braust der Beifall herzlich auf und hält lange an. Er gilt auch in besonderer Weise dem Trio im Rücken des Publikums, das unter Leitung von Klaus Sedl schwungvoll musiziert.
Nächste Aufführungen am 19., 23., 25. und 26. August, 20 Uhr.
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