Handwerkskammer fordert Lockerungen
Region, Handwerkskammer Cottbus, Wirtschaft | Von CGA Verlag | 12. Februar 2021Kosmetikbetriebe maßlos enttäuscht / Belastungsgrenze vieler Unternehmen ist längst erreicht /Mittelstandsinitiative aus Cottbus findet breite Unterstützung.
Region (MB). Das Handwerk fordert eine schrittweise Öffnung der Wirtschaft. Die Belastungsgrenze bei vielen Unternehmen sei längst erreicht.
Nach den Beschlüssen des Coronagipfels am Mittwochabend sollen Friseurbetriebe nun unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung medizinischer Masken den Betrieb ab 1. März wieder aufnehmen dürfen. Bei einer stabilen 7-Tage-Inzidenz von höchstens 35 Neuinfektionen sollen dann auch wieder Kosmetiker und Einzelhändler öffnen dürfen.
„Wann immer wir über eine Öffnung für die Wirtschaftsunternehmen reden, wird auf ‚Gesundheitsschutz‘ verwiesen. Diese Einbahnstraße müssen wir endlich verlassen”, sagt Peter Dreißig, Präsident der Handwerkskammer Cottbus. „Kein Handwerker will die Gesundheit seiner Belegschaft und Kunden aufs Spiel setzen. Wir sehen aber Spielräume für unsere Betriebe, die genutzt werden sollten.“
Der Oberbürgermeister der Stadt Cottbus hat mit Unterstützung der Wirtschaft einen Stufenplan für mögliche Lockerungen der durch Corona bedingten Einschränkungen erarbeitet und dem Ministerpräsidenten zugesandt. Er soll Beachtung bei der neuen Eindämmungsverordnung finden. „Wir brauchen den Mut und die Freiräume, neue Wege zu gehen, um zu prüfen, welche Maßnahmen bereits funktionieren und welche wir verbessern können”, begründet der HWK-Präsident.
Ob Schnelltest, Vollschutz-Overall oder neue Lüftungsanlagen: Auch Friseurmeisterin Ilka Mattke aus der Lausitz ist bereit, diese Maßnahmen umzusetzen. Hauptsache, sie darf wieder eigenes Geld verdienen. „Ich hoffe, dass die Inzidenzzahlen nicht mehr ansteigen, so dass die Landesregierung den Beschluss wieder kippt. Unsere Branche ist sich dieser Gefahr bewusst. Sich von einem Lockdown zum nächsten zu schleppen, kann nicht die Lösung sein“, sagt die selbstständige Unternehmerin und Mutter eines zweijährigen Sohnes. Friseure und Kosmetiker arbeiten schon immer unter hohen Hygienestandards, haben diese im letzten Jahr mit viel Geld weiter ausgebaut.
Maßlos enttäuscht von den Mittwochsbeschlüssen ist Mandy Rechenberger, Kosmetikermeisterin und Obermeisterin der Kosmetiker-Innung. „So kann es nicht mehr weitergehen. Wir brauchen endlich eine Perspektive für unseren Berufsstand. Ich hatte die Hoffnung, dass wenigstens Teilöffnungen für die Bereiche Maniküre und Augenpflege ermöglicht werden. Wir tragen Schutzhandschuhe, FFP2-Masken, darüber noch ein Visier. Bei der Maniküre arbeite ich hinter einer Plexiglasscheibe, bei der Augenbrauenpflege trägt die Kundin selbst eine FFP2-Maske. Ich behandle nur eine Kundin pro Stunde, desinfiziere danach jede Oberfläche und lüfte den Laden. Bei uns kann man sich nicht infizieren. Die Friseure arbeiten an Haaren, wir an der Haut, dem größten Organ des Menschen. Wir wollen endlich auch eine Perspektive sehen“, begründet die Obermeisterin ihre Forderung.
Handwerker und andere Unternehmer aus Gastronomie, Hotellerie und Handel haben sich unterdessen in einer Mittelstandsinitiative aus Cottbus zusammengeschlossen, um auf die Probleme der Unternehmen durch den Corona-Lockdown stärker aufmerksam zu machen. So vermisst der Cottbuser Unternehmer Thomas Knott das Augenmaß bei den derzeitigen Lockdownmaßnahmen. Diese sind in vielerlei Hinsicht auch nach fast zweimonatiger Gültigkeit nicht ausgereift. So dürfen Blumengeschäfte mit Poststelle öffnen, Blumengeschäfte ohne Poststelle hingegen nicht. Lebensmittelmärkte bieten „Non-Food-Artikel“ wie Textilien oder Elektronik an, Textilgeschäfte und Elektronik-Märkte müssen jedoch schließen. Während der Einzelhandel nicht öffnen darf, können in vielen Lebensmittelgeschäften angemessene Abstandregeln kaum eingehalten werden.
„Es muss uns schnellstmöglich gelingen, die Verhältnismäßigkeit zwischen den erforderlichen gesundheitlichen Maßnahmen und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Konsequenzen herzustellen. Dazu benötigen wir passende Hygienekonzepte für unterschiedliche Bereiche und Erfordernisse“, fordert Thomas Knott, der in der Lausitz zwei Autohäuser sowie ein beliebtes Café betreibt. „Wir brauchen den Mut und die Freiräume, neue Wege zu gehen, um zu prüfen, welche Maßnahmen bereits funktionieren und welche Maßnahmen wir mit neuen Lösungsansätzen verbessern können“, heißt es in einer Erklärung der Mittelstandsinitiative. Unter dem Motto „Mit Mut und Augenmaß zur Wiederherstellung des gesellschaftlichen und öffentlichen Lebens” hat die Initiative eine Online-Petition ins Leben gerufen. Ziel ist es, gemeinsam mit der Landesregierung Spielräume auszuloten, um den hart von Corona getroffenen Unternehmen das Geschäftsleben wieder zu ermöglichen. In der Cottbuser Verwaltung, der brandenburgischen Landesregierung und in den Medien hat sich die Initiative bereits Gehör verschafft. So diskutiert die Stadt Cottbus mit der Landesregierung über mögliche Lockdown-Lockerungen.
Mitinitiator der Initiative ist auch Autohauschef Matthias Schulze, der schnellstmöglich einen verbindlichen Plan für den Wiedereinstieg ins gesellschaftliche Leben fordert , denn: „Wir haben keine Zeit mehr, zu warten. Es ist fünf nach 12 für viele Unternehmen, aber auch für die Mitarbeiter, deren Familien und besonders für die Kinder. Wir brauchen jetzt einen Plan, wie wir auch mit dem Virus leben.“
In dieser Zeit ist der Zusammenhalt zwischen den Unternehmen, den Mitarbeitern sowie Kunden ganz besonders wichtig, auch wenn nicht alle gleichermaßen unter den Lockdown- Maßnahmen leiden und einige sogar profitierten. „Wir ziehen alle an einem Strang“, betont Schulze. Die Wirtschaft ist ein großer Organismus und Probleme in der Friseur- & Kosmetikbranche, dem Einzelhandel oder der Gastronomie wirken sich mittelfristig ansteckend auf alle anderen aus.
Die Handwerkskammer Cottbus unterstützt das unternehmerische Engagement in der neu formierten Mittelstandsinitiative Cottbus beim Heran- tragen ihrer Forderungen an die Politik durch die Möglichkeiten zum politischen Dialog und über die Netzwerke.
Zur Online-Petition der Mittelstandsinitiative gelangen gern gesehene Unterstützer auch über den hier folgenden QR-Code: