Jänschwalder Christkind beschert heute noch

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Ursula Starick ist als gebürtige Jänschwalderin mit dem Brauch des Janšojski bog bestens vertraut. Sie erinnert sich mit Freude daran, wie sie als Kind vom Christkind alljährlich besucht wurde. Im Wendisch-Deutschen Museum, das sie von 2007 bis 2011 leitete, können sich Besucher die prachtvolle und aufwendige Tracht des Jänschwalder Christkindes auf einer Puppe ansehen Foto: Carolin Bablich

Am vierten Advent erklingt in Jänschwalde wieder das Glöckchen vom Janšojski bog:
Region (C.B.). Ein seltener, heute noch in der Weihnachtszeit gepflegter Brauch ist der Besuch des Jänschwalder Christkindes. Er ist zurückzuführen auf die Spinnstube, zu der die Mädchen des Dorfes noch bis in die 1950er Jahre von Anfang November bis zur Fastnacht allabendlich im Gasthaus zusammenkamen. Die jüngsten Mädchen waren 16 Jahre alt. Wenn sie das erste Mal die Fastnacht mitgemacht hatten, durften sie zur Spinte kommen, solange, bis sie sich verheirateten. Am Mittwoch vor dem Weihnachtsfest traf man sich zur letzten Spinnstube des Jahres. Das älteste Mädchen wurde von den anderen als Christkind angekleidet. „Fälschlicherweise wird das Jänschwalder Christkind heute oftmals noch als Bescherkind bezeichnet. Dieser Begriff wurde zu DDR-Zeiten propagiert. Jedoch gab es nie ein Bescherkind, es ist schon immer das Christkind, das Janšojski bog. Bog heißt übersetzt Gott und ist zugleich ein Oberbegriff für Weihnachten“, erklärt Ursula Starick. Als Jänschwalderin und ehemalige Leiterin des Wendisch-Deutschen Heimatmuseums kennt sie sich mit dem alten Brauch bestens aus.
Die Tracht des Janšojski bog wird aus den schönsten Teilen der Niedersorbischen Tracht zusammengestellt. Besonders auffällig und aufwendig ist der Kopfputz gearbeitet. Ihn zieren Hochzeitsgirlanden und Kränze von drei Brautjungfern. Vor dem mit weißem Tüll verdeckten Gesicht hängen noch bunte Bänder und Perlenketten. Niemand soll das Christkind erkennen. Über einem roten Bandrock werden zwei weiße Schürzen, vorn und hinten, und noch dazu bunte, bestickte Rockbänder angesteckt. „Jedes Mädchen der Spinnstube spendierte hierfür ein Band“, sagt Ursula Starick, die heute noch Führungen in wendischer Sprache im Museum gibt. Weiße Handschuhe, weiße Strümpfe und schwarze Schuhe vervollständigen die Tracht.
Begleitet wird der Janšojski bog von zwei Mädchen, die die Spinnstubentracht tragen. Gemeinsam gehen sie von Haus zu Haus durch das Dorf. Mit einem Glöckchen verkündet das Jänschwalder Christkind sein Kommen. In der einen Hand trägt es eine mit bunten Bändern umwundene Birkenrute, mit welcher es an die Fenster der Häuser schlägt und seinen Besuch ankündigt. „Die Kinder sind dann schon sehr gespannt und aufgeregt. Früher haben sie sich teilweise hinter dem Rock der Mutter versteckt.“ Dadurch, dass man das Christkind nicht sieht und es auch nicht spricht, haben die Kinder großen Respekt. „Auch bei mir erzeugte es eine große Spannung damals“, erinnert sich die Jänschwalderin. Schweigend beschert der Janšojski bog den Kindern, nachdem sie ein Gedicht aufgesagt oder ein Lied gesungen haben, aus seinem am Handgelenk getragenen Bündelchen eine handvoll süßer Geschenke – traditionell von den Mädchen gebackene Plätzchen, Nüsse und kleine Äpfel. Die Eltern und Großeltern streift das Christkind mit der Rute, um mit seiner Kraft für das neue Jahr Gesundheit und Glück zu wünschen.
„Auch heute noch kommt das Jänschwalder Christkind. Jedoch nicht mehr am Mittwoch, sondern am Sonntag vor Weihnachten. Eigentlich darf es auch die Ortsgrenze nicht überschreiten, das wird allerdings nicht mehr so gehandhabt“, sagt Ursula Starick. Mittlerweile besucht das Christkind Kitas, Seniorenheime und andere Einrichtungen in der Umgebung. Hierdurch wird zwar einerseits die Tradition gebrochen, andererseits wird der Janšojski bog damit bekannter.


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