Cottbus (tr). „Oh Gott, was machst du hier“, fragte sich die Malerin Anette Lehmann-Westphal in ihren ersten Tagen als Malerin, als sie, aus dem intensiven Arbeitsleben kommend, morgens ihr Atelier betrat. Das „Malergefühl“ hatte sich bei der gebürtigen Randleipzigerin an einem Januarsonntag des Jahres 1995 „von einer Sekunde auf die andere eingestellt“. Die Initiative ging dabei von ihrem zweiten Ehemann aus unter der Devise „Anette, mal doch mal etwas“. Beim ersten Pinselstrich verspürte Anette Lehmann-Westphal „ein Herzklopfen bis zum Hals“, verriet sie dem reichlich erschienenen Publikum beim Künstlerstammtisch im Presse-Café DoppelDeck.
„Brotlose Kunst“?
In ihrem Elternhaus wurde Anette Lehmann-Westphal die Malerei als Berufswunsch „fast ausgetrieben“, da diese insbesondere in den Augen des dominanten Vaters eine „brotlose Kunst“ darstellte. In der Schule erhielt die Künstlerin im Unterrichtsfach Kunst stets nur eine „drei“, da „ich keine Lust verspürte, das zu machen, was verlangt wurde“. Später studierte Anette Lehmann-Westphal in Görlitz Handelslehre und zog 1979 nach Cottbus, um als Disponent im „Sozialistischen Großbetrieb“ (SGB) Textil tätig zu werden.
Malerei wunder Punkt
In jener Zeit beschäftigte sich die Disponentin nicht mit der Malerei: „Es war damals wie ein wunder Punkt“. Jahre nach der Wende besuchte Anette Lehmann-Westphal einen Kunstkurs in der Volkshochschule. „Die Lehrerin nahm es mir nicht ab, daß ich 20 Jahre nicht gemalt haben sollte“, berichtet die Künstlerin.
Schaffensreiche Jahre
Zunächst malte die Künstlerin Seelenbilder, später Landschaftsmotive, um sich dann der abstrakten Malerei zuzuwenden. Sie selbst bezeichnet sich als ‘fanatischen Autodidakten’, der sehr kreativ Werke schafft“.
Malen hinter Gittern
„In den vier Jahren, wo ich das mache, habe ich nicht einen Tag bereut“, sagt Anette Lehmann-Westphal über ihre Arbeit mit Strafgefangenen. Sie führt im „Knast“ einen Malzirkel, wo selbst „eine Mörderin darunter ist“. Die Strafgefangenen sind der Künstlerin dankbar: „Wenn ich malen kann, geht es mir richtig gut“. Eine Ausstellung mit Bildern dieser Menschen ist im Carl-Thiem-Klinikum zu sehen. Werke von Anette Lehmann-Westphal selbst können unter anderem noch bis zum 27. September im Waldhotel Sielow bewundert werden.
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