Premiere Schillers “Kabale und Liebe” am 13.10.2018

Schillers Story in bewegten Bildern /Anmerkungen zu Jo Fabians Angebot für junge Zuschauer: „Kabale und Liebe“ nach Friedrich Schiller.

 

Cottbus. Schulstoff seit alten Zeiten: Intrigen in plüschigen Bildern und gespreizten Dialogen. Haften bleibt das Mitgefühl für Luise und Ferdinand. Ihr Liebesglück scheitert an den Umständen. So war das mit Schillers aufrüttelndem Stück (U: 1784, Frankfurt/M.). Sturm und Drang bis hinein in heutige junge Herzen.

Theater Kabale
Eigentlich mögen sie sich alle sehr, aber sie können es sich nicht vermitteln; v.l.n.r.: Sophie Bock (Luise), Matthias Horn (Miller), Michaela Winterstein (Millerin), Boris Schwiebert (Ferdinand), Thomas Schweiberer (Präsident von Walter) und Amadeus Gollner (Wurm). Jo Fabialn hat „Kabale und Liebe“ nach Schiller als fesselnde Performance auf die Bühne der Kammer gestellt || Foto: Marlies Kross

Schauspieldirektor Jo Fabian hat es als erste Premiere (nach einem Klassenzimmer-Ausflug) in die Kammerbühne gebracht und will hier ausdrücklich junges Publikum erreichen. Den ganzen bürgerlichen und adeligen Textkram schiebt er, bis auf beispielhafte Klangerlebnisse der Zeit, beiseite. Ihn interessiert: Was macht das alles mit den Menschen. Wie können Mann, Frau, Vater, Sohn, Tochter, Geliebte noch funktionieren zwischen Schranken und Schlägen, unter Perücken (die bisweilen abfallen) und in knebelnden Miedern? Fabian entblößt die Figuren förmlich auf einem Podest, läßt ihn nichts als neutrale weiße Stühle und eben die fesselnde Garderobe des Barock. Fabian richtete die Bühne selbst ein, die Kostüme schuf Katharina Lautsch a.G., die schon wiederholt seine Produktionen begleitete.
Im Zentrum des Geschehens steht Ferdinand, ein kiffender Punk, Aussteiger, höchst sensibler Zögling. Boris Schwiebert genießt diese Rolle, spreizt sich, fährt auf und hält gehemmt ein gegen den Vater, schnurrt und schmiegt sich wie ein Kater um Luise. Sophie Bock ist die brav und befehlsgerecht den Vater auf die flüchtige Wange küssende Tochter. Ihre Sehnsucht nach Liebe und Freiheit kann, darf sich nicht entfalten.
Miller (Matthias Horn) tobt bisweilen; er vergisst sich und erschrickt sogleich. Wie gern wäre er ein Tyrann, vielleicht sogar ein adliger. Oder irgendwo heute ein Boss. Die Millerin (Michaela Winterstein) verachtet ihn ein bisschen. Aber was soll sie wagen unter ihrem Häubchen?
Von Wurm, den Amadeus Gollner fahrig doch eigenartig gebremst gibt, ständig umschmeichelt, steht oder kniet Präsident von Walter als ein vorgestriges Jammerbild immer weit möglichst weg von Ferdinand. Als sie eine Umarmung wie Vater und Sohn versuchen, gerät das zu einem krampfigen Ballett. Die Absicht ist nicht stark genug, die Geste wirklich zu vollziehen. Eine unsichtbare verhindernde Kraft wird fühlbar. Diese Szene ist eines der großen bewegten Bilder, die in reicher Fülle wortlos reden und verständlich machen, warum niemand einfach nur Mensch sein kann.
Die Premiere wurde völlig zu Recht bejubelt. Am 28. November 2018 ist die nächste Vorstellung. J.Hnr.

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