Senftenberg. Bunt und schrill geht es zu im Senftenberger Kit Kat Klub. Daniel Ris liefert mit seinem Regieeinstand großartige, bis ins leise Detail stimmige, oft bedrückende Bilder. Im Broadway-Musical „Cabaret“ von Masteroff und Fred Ebb/John Kander, das 1966 seinen Siegeszug begann, stand der neue Lausitzer Intendant einst selbst in Berlin als Darsteller auf der Bühne. Es fließt aus ihm heraus – kraftvoll, lustvoll und beängstigend. Lange nicht war der „Tanz auf dem Vulkan“ so lebensnah wie im deutschen Heute.
Provokant schlängelt sich der korpulente Conférencier des Leon Haller durch die Bartische, denen die ersten Stuhlreihen weichen mussten. Im Lederwams und mit Netzstrümpfen bellt er das Programm hinaus, und sie sind wirklich schön! schön!, die Damen und Herren Helga, Lulu, Mausi und Frenchie, eingekaufte Tänzer feinsten Formats. Sonst bleibt alles vom Hause, auch die Attraktion des Klubs, deren Name allein schon Musical ist: Cassandra Emilienne. Die begabte, gut singende Schauspielabsolventin ist neu engagiert und berechtigt zu großen Erwartungen. Hier im geilen Nacht-Berlin wirkt das Mädchen vom Lande aber befangen im Licht; nur schön zu sein, ist nicht erotisch genug in diesen Gangs.
Verwundert kommt der Clifford Brad-shaw des Robert Eder in diese Metropole, und er zieht am Ende fassungslos von dannen. Gänzlich schmerzfrei spielt Eder diese Schlüsselfigur eines Weltdramas, das zudem in sparsamsten Strichen ein tragisches Liebespaar zeichnet: Fräulein Schneider, die Zimmervermieterin (Christina Dom knabbert arg an den Gesängen) und der Gemüsehändler Schulz (Daniel Borgwardt, sehr überzeugend), dem weder der Pflasterstein, der in seinen Laden knallt, noch das bedrohliche „Der morgige Tag“ die Gefahr erkennen lassen, die das Kreuz-Monster für den Gelben Stern bedeutet. Das Orchester im nebligen Dunkel ganz hinten führt die Stimmung in jedem Moment. Genial. Doch es bleibt nur ein Rat am Schluss: Sag Adieu zu Berlin! Doch komm zu „Cabaret“ in Senftenberg. Termine: 10.02., 11.02. und 25.2. J.Hnr.
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