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Senftenberg: Es ist ein Spiel, kein Stück Theater

Senftenberg & Seenland | Von | 16. Oktober 2020

Anmerkungen zum Bremers „Selfies“, die nochmals im Januar ablaufen.

Selfies

„Selfies einer Utopie“ in Senftenberg (v.l.): Roland Kurzweg, Erik Brünner und Sara Simons bejubeln, weil’s im Textbuch steht, Pop-Star Ramazotti Foto: Steffen Rasche

Senftenberg. Masken auf, und rein geht’s ins Parkett. Wer sitzt, ohne Nachbarn und ohne Vorder- und Hintermann, mag nachdenken, ehe das Licht ausgeht, über Sinn oder gar Unsinn von Theater in diesen Zeiten. Das tun nicht nur die Leute an der neuenBühne seit Monaten sehr intensiv – auch das treue Publikum lässt sich hineinziehen in diesen immer stürmischer werdenden Tanz zwischen Zweifel und Übermut.
Letzen Sonnabend schien selbst auf der Bühne nach einiger Zeit der Zweifel zu obsiegen und die drei geplagten Opfer eines Textspiels schienen aufgeben zu wollen: Was soll diese lokal verbremte Comedy-Nummer?
Verbremt, nicht verbrämt. Denn Nicola Bremer ist Anstifter und Einpeitscher dessen, was sich drei Figuren auf den Brettern, die beinahe nicht mehr ihre Welt bedeuten, eineinhalb Stunden lang antun müssen inmitten von verpackten und verschnürten Requisiten und  in funktionierend-blöden Aus- und Anziehklamotten (Bühne und Kostüm Jacob Ripp).
Nach anfänglichem Befremden im spärlich Corona-besetzten Saal beginnt das Kichern; nicht beifällig, sondern schadenfroh, wenn da oben schiefgeht, was auch gar nicht gelingen soll. Denn dann wäre alles langweilig.
Also: Rollen gibt es nicht, die Darsteller heißen Spieler/in und werden von den Routiniers Erik Brünner und Roland Kurzweg sowie der unbescholtenen Sara Simons verkörpert. Jeder hat ein Bündel A 4-Blätter mit offensichtlich viel zu klein gedrucktem Text vor der Nase, den er/sie nie zuvor gelesen hat. Andernfalls hätten sie vermutlich die Rolle abgelehnt, denn es geht um absurde Nebensächlichkeiten im Umfeld der Senftenberger Mund-Nasen-Abdeckungen.
Mit anderen Worten: Inhalt spielt in Nicola Bremers Verständnis von Theater gar keine Rolle. Der in Italien aufgewachsene Deutsch-Schweizer liegt damit nahe am Zeitgeist und wurde für eben dieses Gebilde – „Stück“ wäre das falsche Wort – von „Theater Heute“ als bester Nachwuchskünstler nominiert. Er sitzt auf dem Mittelplatz der ersten Reihe und hält, wenn es oben grade müde zu werden droht, Pappen hoch. KINDISCH, MEHR ENERGIE, RAPPEN, SCHIZIOPHREN oder ähnlich heißen diese Regieanweisungen in handgemalten Versalien. Die ziehen und beschleunigen gleich das gestikulierende Vorlesen meist sinnleerer Sätze.
Optisch erkennbares Aufatmen erfasst das zunehmend verwirrte Trio, wenn MUSIK auf der Pappe steht. Alle drei tanzen jetzt still ihre Texte und erlangen teils schöne Ausdruckskraft. MUSIK AUS! schimpft dann die Pappe, und entlang der dünner werdenden Papierbündel geht es weiter durch Zweifel, Andeutungen und Huldigungen – Jaaaa! – für Eros Ramazotti, die abwesende Hauptperson der Deklamation auf der Bühne.
Nicht bewundernd, sondern eher mitfühlend folgt der Zuschauer dem Lauf der Dinge. Die Herren vermögen perfekt zu rappen (bravo, mit unbekannten Texten!) und auch im Suff die Zungen zu verknoten. Bei Kurzweg funktioniert sogar die Schizophrenie. Aber beide ermüden doch allmählich, während Sara Simons, eben von der Schauspielschule hier eingetroffen, skeptisch einsteigt, erst blass wirkt und dann doch aufblüht und die Herren überstrahlt.
Im Januar soll es neue „Selfies einer Utopie“ geben. J.Heinrich

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