Sonntag, 16. Januar 1992 Cottbuser Theater mutiert zum Staatstheater

Chistohph Schroth
Cottbuser Glücksfall: Chistohph Schroth wurde erster Intendant des neuen Staatstheaters.

Nach gut 83, zumindest in deren erster Hälfte fast immer wirtschaftlich höchst beschwerlichen Jahren, wurde aus dem Cottbuser Stadttheater am 16. Juni 1992 ein Brandenburgisches Staatstheater.
Intendant Johannes Steurich konnte am Ende seiner 14 Dienstjahre aufatmen. Er hatte sich, ahnend, dass eine relativ kleine Stadt sich in der Marktwirtschaft kein so großes Theater würde leisten können, intensiv um diesen Status bemüht. Mit dem FDP-Politiker Hinrich Enderlein fand er in der ersten brandenburgischen Landesregierung unter Stolpe einen weitsichtigen Minister für Wissenschaft und Kultur, dem Cottbus die frühe Gründung der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU Cottbus) und eben dieses Staatstheater zu verdanken hat.
Der Erfolg hatte seinen Preis: Steurich musste gehen. Die Intendanz wurde ausgeschrieben, 62 Bewerber meldeten sich. Den Zuschlag bekam einer, der sich gar nicht beworben hatte: Christoph Schroth, jedem ostdeutschen Theaterkenner aus seiner Arbeit in Schwerin wohlvertraut. Am 22. August 1992 berichtete „Der Märkische Bote“ über Schroths neue Vision vom „deutschen Stadttheater mit vier Sparten in deutlicher Gemeinsamkeit – alle spielen für das gleiche Publikum.“ Vorgeführt hat er das schon bald mit den Spektakeln „Zonenrandermutigung“, die packendes Theater mit vielen Stücken an einem Tag und geselligem Fortspielen in Zelten oder unter freiem Himmel bis weit in die Nächte zelebrierten. Schroth selbst inszenierte Brecht, Goethe, Schiller und den dramatisierten Strittmatter. In überbordender Poesie – Schroth führte seine Familie gern bis auf den Jenenser Märchendichter Karl August Musäus (1735-87) zurück – begeisterte der Intendant das anfangs zurückhaltende Cottbuser Publikum, wobei er zugleich dem Musiktheater unter dem ein Jahr zuvor engagierten Operndirektor Martin Schüler, seinem Nachfolger als Intendant, viel Raum gab. Seine Devise bis zum Abschied 2003: „Wo ich bin, ist keine Provinz“. Mitgebracht hatte Schroth ans Staatstheater nicht nur großartige Darsteller wie Wolf-Dieter Lingk, Horst Rehberg, Oliver Bäßler, Barbara Bachmann, Sigrun Fischer oder Thomas Harms, sondern auch einen exzellenten Direktor fürs Geschäft: Dr. René Serge Mund. Beide kannten sich von der Arbeit am BE und wussten: Auch wenn jetzt das Land Brandenburg den weit größeren Anteil der Theaterfinanzierung übernimmt, wird es immer eng bleiben mit den Zahlen. Gutes Theater braucht Leidenschaft und eben auch Geld. Seit nun 30 Jahren kann die Bühne auf einen stabilen Haushalt bauen.

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