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WAWELs klägliches Ende

Cottbus | Von | 19. Dezember 2014

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Bilderbuch-Bahnhof Forst-Lausitz. Vergangenen Sonnabend hat einige hundert Meter weiter der letzte EuroCity „Wawel“ die Grenze nach Polen passiert

Verbindung Berlin-Cottbus-Breslau wurde zu Grabe getragen:
Cottbus (hnr.). Eine bizarre Szenerie letzten Samstag auf Bahnsteig 2 des Cottbuser Hauptbahnhofs. Politiker und einige Eisenbahn-Enthusiasten versammeln sich. Ein Kranz und Blumengebinde werden getragen. Architekt Dr. Johann-Christoph Kröhan, geborener Sorauer, wickelt einen Blumen- strauß aus und schenkt ihn dem Vizebürgermeister von Sorau. Eine Geste unter Leidtragenden dieser Beisetzung. Der „Sterbende“ bewegt sich mit letzter Not. Längst ist ihm der stolze Name „Wawel“ (königliche Residenz in Krakau) zu groß geworden. Als Bild des Jammers kommt er mit Verspätung angeschlichen, dieser EuroCity 249. Ganze zwei Wagen ist er lang. Und selbst die wären leer, wenn dies nicht seine allerletzte Fahrt wäre. Einige viel zu spät erwachte Politiker sind in Hamburg und Berlin zugestiegen und hauchen hilflos: Der Wawel darf nicht sterben.
Dabei richten einige von ihnen seit Jahren sein Totenbett. Nun wollen sie wenigstens das, was Politikern das Allerwichtigste ist: ein schönes Foto.
Dass die Bahn diesen Zug, der angeblich seit 160 Jahren (bis 2000 aber über Frankfurt und Zielona Gora, wo inzwischen die Gleise völlig verkommen sind) verkehren soll, nicht mehr fahren kann, ist logisch: 750 000 Euro Verlust hat er dem Unternehmen allein im Jahr 2013 gebracht.
Die da jammern, haben allesamt versäumt, einen Reisebedarf zwischen Hamburg, Berlin, Cottbus, Forst, Sorau, Breslau und Krakau zu erzeugen. Das geschieht üblicherweise per Wirtschaftskontakt und Stadtmarketing. Nichts davon richtet sich von deutscher Seite auf die prosperierende schlesische Metropole. Und von polnischer Seite gibt es kein Interesse an den hochnäsigen deutschen Nachbarn. Von Krakau existiert  schon seit 2012 keine umsteigefreie Bahnverbindung mehr nach Deutschland. Seither fährt der Wawel als Zugpaar – einmal täglich hin, einmal zurück – nur bis Breslau/Wroclaw, und das auf maroden Gleisen, die hinter Forst nur 40 km/h zulassen – von Elektrifizierung ganz zu schweigen. Der Europaabgeordnete Michael Cramer erhebt auf Bahnsteig 2 rhetorisch geschliffen seine Stimme: Zwei Prozent von der „Stuttgart 21“-Summe würden reichen, diese Strecke zu ertüchtigen. Nirgends sonst könne Geld so schnell Erfolg bringen. Aber diesen „Erfolg“ braucht offenbar niemand. Die hellwachen Krakauer lieben Autos und Billigflieger. Niemand dort wird vermutlich je erfahren, dass in Cottbus ein Häuflein Männer und Frauen dem vergessenen Zug nachgetrauert hat.
Trotzdem sagt Landrat Harald Altekrüger (CDU) als Präsident der Euroregion entschlossene Sätze: „Dieser Zug muss wieder fahren. Dafür werden wir uns stark machen.“



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