Ronny Gersch, langjähriger Pressechef und Stadionsprecher des FC Energie Cottbus im Interview:
Herr Gersch, Ihre Stimme wird eng mit den Aufstiegsjahren des FC Energie Cottbus verbunden. Was haben Sie von dieser Zeit in Erinnerung?
R. Gersch: Es war einfach eine tolle Zeit. Für mich war der erste Aufstieg in die 2. Bundesliga etwas ganz Besonderes. Wir hatten ja 57 Spiele hintereinander in Folge nicht verloren. Und dann die beiden Relegationsspiele gegen Hannover. Eine Woche später noch das Pokalfinale. So etwas gehört zu den schönsten Erlebnissen im Fußball. Hier kam Erfolg und Glück in solch einem Ausmaß. Ich war überwältigt. So etwas lässt sich schwer wiederholen und wird wohl einmalig bleiben.
Welche Bedeutung hat ein Stadionsprecher für den Erfolg seiner Mannschaft?
Eigentlich ja keinen großen, man schießt ja keine Tore. Es ist sicher eine Nebenrolle. Wir hatten einfach für die richtige Atmosphäre zu sorgen. Die Fans sollten zusammenstehen. Mein Ansatz war es immer, dass die Leute gut unterhalten werden. Auch wenn ein Spiel verloren geht, muss der Zuschauer sagen, es hat sich gelohnt ins Stadion zu gehen. Das ist uns eigentlich ganz gut gelungen und somit waren wir als Team auch Teil des Erfolges.
Sie haben damals einige neue Dinge ins Stadion gebracht. Was genau war das?
Zum Beispiel das Einlaufen mit den großen Fahnen. Das war damals für Cottbus neu. Heute ist es Standard. Wir haben eine gewisse Dramaturgie vor dem Spiel gehabt. Es gab regelmäßige Regiebesprechungen. Ich hatte mir da auch Dinge von anderen Sportarten abgeschaut. So zum Beispiel bei ALBA Berlin im Basketball. Es galt immer, eine gewisse Spannung vor
dem Spiel aufzubauen. Jede Musikauswahl war genau abgestimmt. Die Stimmung in unserem Stadion war auch schon ein gewisses Markenzeichen.
Elf Jahre lang waren Sie Stadionsprecher in Cottbus. Gab es auch kuriose Dinge?
Naja, ich erinnere mich noch an die erste Saison in der 2. Liga. Da gab es ein Spiel, in dem
man wirklich das Gefühl hatte, dass unsere Mannschaft vom Schiedsrichter das gesamte Spiel über benachteiligt wurde. Es drohte eine aggressive Stimmung im Stadion. Erst recht beim nächsten Heimspiel. So haben wir auf die Titelseite des Stadionheftes eine gelbe Fläche mit drei schwarzen Punkten drucken lassen. Bekannt auch als Blindenzeichen. Bei jedem nachteiligen Pfiff zeigten dann alle Zuschauer dem Schiedsrichter das Blindenzeichen. Am Ende hatten wir eine lustige statt aggressive Stimmung.
Was wünschen Sie dem Verein zum 50jährigen Jubiläum?
Zunächst den Klassenerhalt. Noch ist alles ja hauchdünn nach unten. Und ich hoffe, dass Energie Cottbus eines Tages wieder an die Erfolge unserer Zeit anknüpfen kann. Die Bedingungen sind heute besser als damals.
Lieben Dank für das Gespräch.
Es fragte Denis Kettlitz.
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