Cottbus: Hier tanzt die Wucht Picassos
Feuilleton | Von CGA Verlag | 17. Februar 2017
Mitreißende Szene aus dem zweiten Teil des Balettwerkes PICASSO! am Staatstheater Cottbus Foto: Marlies Kross
Ballett-Uraufführung zum Werk des Malers im Staatstheater Cottbus
Cottbus. Die Galerien der Welt sind voll von Bildern Picassos – Pablo Ruiz Picasso (1881-1973). Der Spanier aus dem sonnigen Malaga hat 50 000 Werke aller Kunstformen hinterlassen, und so überrascht er bis heute immer neu, wo, vom Prado bis zu New Yorks Guggenheim, seine Handschrift auftaucht. Einmal mehr nun auch hier in Cottbus; es scheint, als habe der Künstler selbst den Tänzern seine Ideen, seine Farben, seine sanften oder kubistisch formalen Figuren, seine emotionale Wucht eingehaucht. Picasso – das Ballett, welch großes Bildwerk!
Deutlich reduzierte und zugleich hochemotionale Musik von großen Komponisten des 20. Jahrhunderts lässt Choreograf Lode Devos einspielen: den US-Berliner Philip Glass, den Franzosen Piere Boulez und den Polen Krzysztof Penderecki. Der Belgier Devos entführte Ballettfreunde hier schon mit seiner ungewöhnlich poetischen Interpretation des „Bildnis des Dorian Grey“ in sinnlichen Zauber. Hier nun übertrifft er sich in dem erstaunlich genauen Abbild des Schaffensporträts eines Über-Künstlers wie Picasso. Bravo! Bravo!
Sanft und raffiniert beginnt das Ballett in der Blauen Periode. Ein Tuch tanzt mit den Figuren, zeichnet gefällig das malerische Spiel zwischen Linie, Fläche und Formen. Lebhaft entfaltet sich die Rosa Periode, und schließlich entwickelt sich, ganz als sei sie folgerichtig, in größter tänzerischer Herausforderung die kubistische Phase. Sie tanzt sich so daher, dass manchem Zuschauer erst hier Picassos Hymne an die Schönheit des ganzheitlichen menschlichen Wesens bewußt zu werden scheint. Glückliche Stille erfüllt das Parkett bei so erhabener Kunst.
Schon der erste Teil des Abends schließt mit großem Beifall für die neun Tänzerinnen und Tänzer: Greta Dato, Immaculada Marin Lopez, Venira Welijan und Nico König für ihren humorvollen Pas de deux der Harlekine, Sara Penja, Denise Ruddock, René Klötzer, Stefan Kulhawec und Joe Monaghan.
Der zweite Teil widmet sich einer gewaltigen und ergreifenden Botschaft Picassos, seinem Weltausstellungs-Bildnis „Guernica“. Zwei Jahre vor Kriegsausbruch hatte deutscher Terrorismus dem Künstler einen Vorab-Eindruck vom Weltgrauen des folgenden größten Krieges gegeben.
Nur in Grau-braun-Tönen (Kostüme Anne-Frederique Hoinge), so wie Picassos Original, geraten die Tänzer im Staub der Erde (Bühne Lode Devos/Hans-Holger Schnidt) in verzweifelte Raserei. Ein einziger gestischer Schrei erhebt sich. Dieses Bild auf dem Eisernen Vorhang, dieser Tanz – sie wollen nicht mehr aus dem Sinn. Nächste Termine sind der 4. und 15. März, 19.30 Uhr. J.Hnr.