Die neue Hauptstadt Islamabad

170506 Pakistan reise
Die große Faisal-Moschee in Islamabad (National-Moschee, 1986 fertiggestellt) ist ein architektonisches Kleinod des Türken Vedat Dolokay, finanziert von Saudi Arabien. Die 40 Meter hohe Halle bildet ein Beduinenzelt nach, die vier Minarette ragen 90 Meter auf. 75 000 Gläubige können hier innen und außen gleichzeitig beten Foto: J.Heinrich

 

Ein knapper Tag mit Turkish-Airlines, Ausrüstung für Schneekälte und Wüstenhitze dabei, die Uhr drei Stunde nach vorn, das Herz offen und gehörig Neugier angelesen. Schillernd schönes, gefährliches PAKISTAN – wir kommen! REISENOTIZEN von Petra & Jürgen Heinrich

 

Sonntags zieht es die Familien an den schönsten Ort – zur weißen Feisal-Moschee am Rande der grünen Margalla-Hügel.

 

Unser pakistanischer Freund in Cottbus hat nicht zuviel versprochen. „Mein Land ist herrlich; es wird euch gefallen“, hatte er geschwärmt. Er macht in seinem Restaurant in der Berliner Straße die besten Steaks der Stadt. Auf die müssen wir verzichten in Islamabad und für die folgenden Wochen. Dieses 1000-und-eine-Nacht-Land hat fortan Chicken oder Lamm, Linsen, Gemüsereis und Tschapati (Fladenbrot) für uns, dazu das Joghurt-Getränk Lassi oder Cola. Keinen Tropfen Alkohol. Wir versuchen später im Norden gegen Gebirgskälte mit geschmuggeltem  „Wodka“ (1000 Rupien = knappe 10 Euro die Flasche) anzukommen, aber die chinesischen Brenner sorgen für freiwillige Abstinenz – das Gesöff eignet sich höchstens als Klo-Cleaner.
In der jungen Hauptstadt herrscht Anfang April frühsommerliche Milde. Vor allem wegen des Klimas hat das 1947 aus Indien abgetrennte islamische Pakistan die Hauptstadt vom heißen Karatschi am Arabischen Meer nach Norden gelegt, zunächst nach Rawalpundi. Nur 15 Kilometer daneben wurde Islamabad auf dem Reißbrett entwickelt und ganz neu gebaut. Seit Anfang der 80er Jahre ist das die Hauptstadt. Schön, rein, weitläufig mit Uni, Regierungsplästen und Botschaften. Aber Anschläge blieben nicht aus; jedes Hotel verschanzt sich heute als Festung.
SPIEGEL-Korrespondent Hasnain Kazim nennt Pakistan „das gefährlichste Land der Welt“. Da scheint, trotz überbordender Freundlichkeit, die uns allenthalben entgegentritt, Wahres dran zu sein. Touristen sind  außer uns nirgends zu sehen, und so bestürmt uns ein jeder mit vorgstrecktem Handy: „Picture, please…“ Neben Urdu spricht hier jeder englisch. Selfies mit all und jedem entstehen: Eltern, Kinder, Polizisten, Händler –  selbst ein Imam bittet mich um ein umarmtes Foto vor seiner Moschee.
Wir erleben nur diese herzliche Höflichkeit. Von Attentaten wissen wir aus Regionen, die unser Tourenplan höchstens streift. „Jeden Tag stehen Fälle in den Zeitungen“, sagt Reyas, unser Begleiter. Es sei schrecklich, weil oft Kinder in den Schulen Opfer seien, um deren Eltern zu erpressen. Es herrscht ein ethnisches Brodeln in diesem Land, das die Last kolonialer Vergangenheit und den Gewaltschritt der Trennung von Indien noch nicht bewältigt hat. Moderne mit HighTech und Atombombe prallt auf mittelalterliches Denken bis hin zur Blutrache. Dazu der latente Konflikt zwischen sunnitischer Mehrheit und iranisch gehegten Schiiten.
Das Ethnologische Museum im Shakar Parian Park, nicht weit von der Moschee, vermittelt einen Eindruck der ethnischen Vielfalt muslimischer Volksgruppen in der zentralasiatischen Region bis hinauf nach Usbekistan. Über indische Nachbarn kommt hier nichts vor. Kein Wunder: Drei Kriege gab es schon  im Streit um Kashmir. Dabei wirken die Pakistani doch so entspannt. Rund um ihr Museum herrscht immer Volksfest. Wir genießen die Farbfülle.

 

Demnächst: Auf dem Karakorum-Highway nordwärts