Brahma, Vishnu, Shiva, Marx und Mao –
Götter & Götzen
im südlichen Subkontinent (II)
Notiert und fotografiert von Petra und Jürgen Heinrich

 

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Badespaß im Arabischen Meer. Das sehr salzige Wasser
hat um die 28 Grad. Hindus und Muslime tummeln
sich mit uns am Strand

 

Nanu! – In Gottes eigenem Land? Der südwestliche Bundestaat Kerala stellt manche Regeln auf den Kopf

 

Mitte Januar. Die Ostküste feiert drei Tage Erntedank – das tamilische Pongalfest. Inder feiern gern und ausführlich. Alte Sachen werden entsorgt, neue beschafft. Es wird reichlich gefuttert und Spektakel darf nicht fehlen. So treiben die Männer einen Bullen durch die Straßen und riskieren nicht nur ihr Leben. Die Götter mögen helfen.
Auch ganz im Süden herrscht Ponga-Laune. Bis zum Cape erstrekt sich das Bundesland Tamil
Nadu. Die Stadt Kanyakurami hat nur 22 000 Einwohner, aber alljährlich sieben Millionen Besucher. Pilger kommen zum Tempel der jungfräulichen Prinzessin und springen zu rituellen Bädern im Meer. Drei Meere gibt es hier: Der Indische Ozean trifft sich mit dem östlichen Bengalischen Merr und dem Arabischen Meer im Westen. Ein auffallend „moderner Tempel“ lockt als eines der Pilgerziele. An seiner Stelle stand 1948 die Urne mit einem Teil der Asche des bis heute verehrten Mahatma Gandhi, die hier ins Meer geschüttet wurde.
Uns treibt an der malerischen Westküste nordwärts. Wir genießen den Kerala-Beach der tropischen Malabar-Küste, einen der schönsten Strände Indiens. 600 Kilometer! Wir haben die Grenze überschritten zu „God’s Own Country“ – willkommen in Gottes eigenem Land. Welch ein Slogan ausgerechnet für das versteckteste Stück Weltkommunismus!
Eigentlich fahren wir durch ein nie endendes Dorf. Hof an Hof könnten wir schreiben, würden nicht zwischendurch immer w ieder pastellfarbene Villen luxuriös protzen. Tempel der Korruption? Überhaupt nicht. Die Häuser gehören Leuten, die gut ausgebildet sind, aber keine Arbeit fanden daheim. Dubai ist nicht weit. Dort jobben sie und bringen den überbordenden Wohlstand ins Land.„Gottes eigenes Land“ kommt in unseren europäischen Medien seit Jahrzehntzen nicht mehr vor; es passt in kein Klischee.

 

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Bei fast 40 Grad mag der Saft aus dem Zuckerrohr erfrischend sein. Nicht für Europäer. Das beigemischte Wasser schlägt durch!

 

Kerala ist die weltweit einzige Region, die auf parlamentarischem Wege kommunistisch wurde und das schon vor 60 Jahren! Aktuell hat die CPI (Communistische Partei Indiens) hier mit ca. 40 Prozent der Wählerstimmen eine stabile Mehrheit im Vielparteien-Palament. Der relativ kleine Bundesstaat (halb so groß wie Österreich) mit etwa 33 Millionen Einwohnern hat weder Bodenschätze noch Industrie, aber landesweit die höchste Kaufkraft. Tee, Kautschuk, Kokusnüsse, Reis, Mango (die besten der Welt!), noch immer Gewürze, etwas Kaffee und zunehmend (indischer) Tourismus machen den bescheidenen Wohlstand aus. Mit 90 Prozent Alphabetisierung liegt das kleine Land 25 Prozent überm indischen Schnitt. Es gibt ein gutes Gesundheitswesen, die Gleichberechtigung der Frau und einige andere Vorzüge, aber eben auch Probleme. Die Echavas, das Landproletariat, sind der Rückhalt der marxistischen Führer. Angehörige der niedrigsten Hindu-Kaste also, denen jetzt gerade der Zugang zu den Tempeln erstritten wird. Wobei in Kerala auch die religöse Mischung von der typisch indischen abweicht: Nur 53 Prozent zählen sich zu den Hindus (sonst 80 %), 26 % gehören zum Islam und immerhin 20 Prozent sind Christen, vorwiegend katholisch. Die Natur hat den Landstrich in der Tat reich beschenkt. Mit den Backwaters, einem Geflecht von Flüssen und Kanälen, verfügt Kerala über eine Art groß dimensionierten „Spreewald“.

 

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Den Wellen dreier Meere trotzt die 70 Meter hohe Dichterstatue, die Tiruvalluvar ehrt. Das ist Indiens südlichster Punkt

 

Demnächst: Quartier im Hausboot