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Im Labyrinth der Gletscher

Reisen & Unterwegs | Von | 16. Juni 2017

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Die Wächter-Burgen über dem Hunza-Tal erinnern an die Potala-Paläste von Tibet. Die Herrscher-Familien wohnten noch bis vor hundert Jahren in diesen tausendjährigen Forts an der Seidenstraße, die starken Erdbeben standhielten
Fotos: J. Heinrich

Über Geröll und Uralt-Eis zu faszinierenden Aussichten / Die Hunza-Forts an den Durchlässen der frühen Seidenstraß.

Auf dem Karakorum-Highway haben wir den Norden Pakistans erreicht, nehmen an den Hängen des Hunza-Tals Quartier.
Die Kulisse der 7000er fasziniert. Einige wurden Legende, andere sind noch nie bestiegen. Als sich Touristen in dieser Region noch sicherer wähnten, kamen sie aus aller Welt, um den Gipfeln nahe zu sein. Junge Männer der Gegend verdienten nicht schlecht als Bergführer, Träger oder im Hotelgewerbe. Die Branche ist seit 2001 völlig eingebrochen. Die Burschen müssen leben, also gehen sie zur Armee oder ins Ausland.
Masoon oben in Gulmit hat noch gelegentlich Arbeit in unserem Berghotel, wo der Generator nur stundenweise Strom erzeugt und das über offenem Feuer erhitzte Waschwasser morgens in Eimern auf die Zimmer gebracht wird. Als wir Interesse an einer Gletschertour sig-nalsieren, ist er begeistert und organisiert schnell einen Jeep für die Anfahrt.
Auf halsbrecherischen Pisten erreichen wir eine Höhe von 2 800 Metern und sind auf drei Seiten von Gipfeln umgeben, die in grellweißer Zackenlinie vor tiefblauem Himmel abstechen. Wir haben den Boret-Salzsee unter uns gelassen, an dem ein Hotel entstehen sollte. Der Bau wurde nach mehreren Überfällen abgebrochen. Ein Schar Durchzugs-Gänse paddelt ungestört Kreise auf dem bleigrauen Wasser.

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Im Jeep bringt uns Masoom in das Labyrinth der Karakorum-Berge. Bis zu 20 Kilometer weit schieben sich von den 7000ern die Gletscher, wie hier rechts im Mittelgrund der Passu-Glacier vom 7 478 Meter hohen Gipfel. Beim mühsamen Durchsteigen (l.) sind Geröll, glatte Eisflächen, tiefe Spalten und Wasserlöcher zu überwinden

Ein schmaler Pfad verliert sich weit oben in den Felsen. Wir folgen ihm und stolpern dann durch Geröll, das knirschend talwärts kollert. Wie eine Gazelle springt der schlanke Masoon voraus, die besten Pässe für uns suchend. Tritt um Tritt mühen wir uns auf- und immer wieder auch kühn balancierend abwärts. Schließlich erreichen wir die erste Eiswand, inspizieren Felskammern, umgehen Eisspalten und Wasserlöcher und verschnaufen endlich mit weiter Sicht auf dem gerölligen Gletscherrücken. Die Gipfel um uns haben den unwirklichen Rosa-Farbton angenommen – betörend schönes Zeichen für die nun schnell sinkende Sonne. Unser Guide drängt beim Abstieg auf Tempo. Die Dunkelheit würde unser Projekt erschweren. Aber wir erreichen noch im Dämmerlicht eine kleine Siedlung. Frauen ohne Kopftuch, aber mit Kleinkindern im Arm treten uns fröhlich entgegen. „Meine Schwester“, deutet Mashoon auf eine gut 20jährige Frau. Seine Familie kommt aus dem buddhistischen Tibet und kennt nicht die muslimische Scheu. Als Gäste ihres Bruders grüßt uns die Frau wie gute Freunde hier im hoch gelegenen Sommerdorf. Nur in den warmen Monaten ist es bewohnt, um in der fruchtbaren Hochebene Kartoffeln, Zwiebeln und Bohnen anzubauen.
Wir ziehen am nächsten Tag weiter, erreichen das weite Hunza-Tal, wo an den Hängen die Forts Baltit und Altit aufragen. 800 und 1 100 Jahre alt sind sie, von zerstrittenen Königshäusern errichtet und über viele Generationen genutzt worden. Sie waren Schutz-Festungen an der alten Seidenstraße, aber auch Zeichen regionaler Macht. Zu ihren Füßen liegen Dörfer in moderater moslimischer Zivilisation. Es gab hier sogar Schnapsbrennereien, und das beliebte Polospiel sorgte für Abwechslung. Auf dem großen Platz zeigen heute nur selten noch Reiter ihre Ballkunst; er wurde zum Schulsportplatz.
Die Forts waren bis ins 20. Jahrhundert bewohnt, zuletzt von Engländern. Der junge pakistanische Staat hat sie dann als kostbares nationales Erbe erkannt und sorgsam für touristische Zwecke restauriert. Allein die Baukunst lässt staunen. Die gewaltigen Mauern sind von Balken durchzogen, ihrem Mörtel sollen Rosshaar und Aprikosensaft beigemischt worden sein. Immerhin haben die Forts auch in jüngerer Zeit Erdbeben der Stärken 8,5 bis 9 schadlos getrotzt. In ihrem Innern erzählen Möbel und Hausrat vom einstigen Leben und alter Handwerksunst.

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