Im wunderschönen Wilden Westen

Mormonengründer
Mormonen-Gründer Joseph Smith,
1805-44 Foto: J.H

Die Ausläufer der Rocky Mountains heißen hier Wasatch- Front. Auf gut 3000 Meter hohe Gipfel rieselte eben Neuschnee.
Darunter die Hochebene des Salzsees auf 1400 Metern schwitzt noch bei 30 Grad. Hier gibt es tatsächlich noch Spuren der Wagenräder jener mutigen Abenteurer der 1830er, 40er und späteren Jahre. Zentausende passierten den legendären Oregon-Trail auf der Suche nach dem gelobten Land, das längst nicht alle fanden. Die Reifen der schweren Ochsenkarren drückten den dürren Präriesand beiseite und frästen sich als tiefe Rinnen in den Stein. Neue, immer neue Trecks folgten nach, „Go West, Young Man“ hallte den Ankömmlingen aus der Alten Welt entgegen. Auch aus der Niederlausitz gingen Bauernsöhne und Landarbeiter den schweren Weg.
Die Historikerin Christina Kliem vom Cottbuser Wendischen Museum konstatierte: „Im Zeitraum von 1840 bis 1880 können wir sogar von sorbischer Auswanderung sprechen, da die Dörfer damals noch zu 80 bis 100 Prozent sorbischsprachig waren. Auch in den Städten Peitz und Cottbus lebten viele Sorben/Wenden. Ein hoher Auswanderungsanteil kam aus Tauer, Preilack, Werben, Drachhausen und Burg. Das waren vor allem Bauern, Kleinbauern, Häusler und Landarbeiter ohne Grundbesitz.“ Manche gingen nach Australien, die meisten aber suchten über Hamburg oder Bremen im Lande der unbegrenzen Möglichkeiten ihr Glück. Wer heute nach Utah im mittleren Westen der USA kommt, spürt noch das Knirschen der Planwagen; auf Schritt und Tritt wird der Pioniere gedacht, deren Erbe heute in jeder Hinsicht Glanz ausstrahlt.
Die Geschichte lässt sich nicht erzählen, ohne einen Mann namens Brigham Young (1802-77) zu erwähnen. Er soll im Trubel der drängenden Siedler 1847 prophetisch von einem Berg gerufen haben: „Hier ist der richtige Ort!“
Im heutigen Salt Lake City war das, berühmt als Ort der Olympischen Winterspiele von 2002, aber mehr noch als Heimstatt der Mormonen. Schatzsucher Joseph Smith hatte die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage 1830 geründet. Vor allem wegen ihrer verordneten Polygamie wurde sie verfolgt. Smith, 1844 Präsidentschaftskandidat, wurde gelyncht und erschossen. Der ihm folgende Prophet Young führte seine Anhängerschaft aus den Staaten in die damals noch zu Mexiko gehörende Gegend am Salzsee, wo er Salt Lake City gründete, Gouverneur wurde und die Polygamie zum Teil der Religion erhob. Die heute üppig blühende „schönste Gartenstadt der Welt“ ist inzwischen Hauptstadt des 45. Bundesstaates (seit 1896). Sie wird geprägt durch den prachtvollen Tempelbezirk der mächtigen Mormonen, die 1890 der Polygamie abschworen und heute weltweit 16 Millionen Anhänger haben. Der erste deutsche Tempel eröffnete 1985 im sächsischen Freiberg; auch in Cottbus besteht eine mormonische Pfahlgemeinde. Eng verhaftet mit der Einwandererzeit bleibt die Symbolik im Weltzentrum der Heiligen der Letzten Tage. Ihr gewaltiger Tempel aus Granit wird nur von Gläubigen und nur zu festlichen Anlässen (Hochzeiten, Ganzkörpertau-
fen) betreten. Für alle zugänglich sind das Tabernakel (eine riesige Konzerthalle) die schöne Kirche (Assembly-Hall), Besucherzentren und, immer in Begleitung, das riesige Kongresscenter, das in einer architektonisch faszinierend schönen freitragenden Halle 21 000 gepolsterte Leder-Sitzplätze hat.
Das Kirchendach zieren Blüten einer Lilie, deren Zwiebel essbar ist. Indianer hatten den Einwanderern das verraten und sie so noch vor einer ersten eigenen Prärie-Ernte vor dem Hungertod bewahrt. Die Mormonen ehren die Indianer auch, weil sie vermuten, dass jene legendären Goldtafeln, aus denen Smith, der immer Analphabet war, das Buch Mormon übersetzte, möglicherweise indianische Grabbeigaben waren. Die Giebel der Kirche ziert der frühchristliche Davidstern als Zeichen eigener Freiheit, die die Mormonen 1880 glaubten erreicht zu haben. Vor der Kirche erinnern goldene Möwen an eine bedrohliche Heuschreckenplage. Gott erhörte die intensiven Gebete; es kamen die Seevögel und fraßen das Ungeziefer. Das Leben wurde von nun an schön in Salt Lake City.


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