Bürokratie, Parkplatzmangel und fehlende Fachkräfte machen dem Handwerk in der Cottbuser Innenstadt zu schaffen.

Cottbus. Unter dem Motto „Das bewegt. Handwerker im Gespräch” besuchten Corina Reifenstein, Präsidentin der Handwerkskammer Cottbus (HWK), und Tobias Schick, Cottbuser Oberbürgermeister, drei Handwerksunternehmen der Ebertstraße. Ein spannender Stopp: das Geschäftsduo LOWVISION Cottbus und Hörerlebnis – zwei spezialisierte Gesundheits-Handwerksbetriebe unter einem Dach im Herzen der Stadt.
Ein starkes Duo für Hören und Sehen
Corina Reifenstein, Präsidentin der HWK Cottbus, sowie der Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick machten sich bei ihrem Besuch ein umfassendes Bild der Situation vor Ort.
Nach einem aufwendigen Umbau präsentieren sich die beiden Fachgeschäfte nun mit einem gemeinsamen, modernen Wartebereich – hell, freundlich und kundenorientiert. Der Umbau war ein großer Schritt – vor allem für Anja Lehmann-Gumlich, Inhaberin von Hörerlebnis: „Wir können unsere Hörgeräteanpassungen und -beratungen jetzt endlich in einem professionell schalldichten Raum durchführen – das ist ein Meilenstein.“ Neben klassischen Hörtests und Hörtraining ist nun auch die individuelle Anpassung von Gehörschutz deutlich unkomplizierter möglich. Mit dem Thema Tinnitus und Hörtraining kommen zwei weitere wertvolle Bereiche hinzu.
Direkt nebenan kümmert sich Sandra Endler, Diplom-Augenoptikerin und Optometristin (FH), in ihrem Fachgeschäft LOWVISION Cottbus um Menschen mit stark eingeschränktem Sehvermögen. Ihre Arbeit beginnt dort, wo der klassische Optiker an seine Grenzen stößt. „Wir bieten individuelle Lösungen für Menschen mit einer Sehleistung unter 30 Prozent – von Lupenbrillen über spezielle Filtergläser bis hin zu modernen, smartphonegestützten Hilfsmitteln“, erklärt Endler. Ihr Ziel: den Alltag sehbeeinträchtigter Menschen spürbar zu erleichtern.
Bürokratie blockiert
Im Gespräch mit der HWK-Präsidentin und dem Oberbürgermeister wurde jedoch deutlich: So wichtig und sinnstiftend ihre Arbeit auch ist, der bürokratische Aufwand wächst stetig. Besonders die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen sei eine große Herausforderung. „Die Politik spricht gerne vom Bürokratieabbau“, so HWK-Präsidentin Corina Reifenstein, „aber wir sind schon froh, wenn nicht noch neue Hürden dazukommen. Vieles ist überreguliert – unsere Politiker sind vor allem damit beschäftigt, EU-Vorgaben umzusetzen.“
Auch die Präqualifikation, die Augenoptiker und Hörakustiker benötigen, um mit Krankenkassen abrechnen zu dürfen, sei ein teures Hindernis: alle zwei Jahre rund 2.000 Euro – bei steigender Unsicherheit durch technische Unzulänglichkeiten und uneinheitliche Softwarelösungen. Ein weiteres Thema: der Zwang zur Digitalisierung. „Fehlende Mitarbeiter machen digitale Lösungen notwendig – aber nicht um jeden Preis“, mahnt OB Tobias Schick. Denn gerade die Vielzahl unterschiedlicher Krankenkassen-Programme und uneinheitlicher Update-Standards erschwere den Alltag erheblich. Viele Optiker geben inzwischen die Versorgung mit vergrößernden Sehhilfen auf – nicht, weil es an Bedarf fehlt, sondern weil der Aufwand kaum noch zu stemmen ist.
Dauerbrenner Parkraum

Abschließend kam auch ein altbekanntes Innenstadt-Thema zur Sprache: der Parkplatzmangel in der Innenstadt. Besonders Kurzzeitparkplätze fehlen – eine halbe Stunde reicht jedoch oft nicht aus, um einen Termin bei Hörakustiker oder Augenoptiker wahrzunehmen. Die Forderung nach mehr Parkmöglichkeiten sei verständlich, betonte Schick, aber: „Wir müssen einen Ausgleich zwischen den Bedürfnissen der Anwohner und der lokalen Wirtschaft finden.“ Halt machten die HWK-Präsidenten und der Oberbrügermeister auch bei der Traditionsfleischerei Speer. Fleischermeister Lars Speer, 51 Jahre, führt die Traditionsfleischerei in dritter Generation. Einst vom Großvater Theodor Speer gegründet und von Vater Konrad mit seiner Frau Ingrid erfolgreich fortgeführt, sind es bereits 70 Jahre, in denen das Unternehmen mit Qualität und eigenen Spezialitäten Kunden überzeugt.
Die Tour durch Cottbus zeigt: Das Handwerk in der Lausitz ist engagiert, innovativ – und unverzichtbar. Um langfristig wettbewerbsfähig und auch interessant für den Nachwuchs zu bleiben, sind jedoch bessere Rahmenbedingungen hilfreich.
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