Altes Cottbus; Geschichten zu Füßen der Oberkirche

Ein Bild der Vergänglichkeit weckte Erinnerungen an früheren Alltag.

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Die auf dem Bild zu sehenden Häuser gehörten bis in die 1970er Jahre zum Cottbuser Oberkirchplatz.

Viele Leser verirrten sich diesmal an den Thählmannplatz. Aber Brigitte Albrecht aus dem Striesower Weg weiß genau: „In der Häuserzeile waren die Glaserei Kossack, ein Filmtheater und die Clou-Nachtbar. Beliebt war der Wochenmarkt mit einer besonderen Note. Anfangs zu DDR-Zeit war eine Spezialität die lose Landbutter – nur auf Vorbestellung bei den wendischen Frauen erhältlich.“
Ulrich Buder aus der Cottbuser Hubertstraße „fließen lebhafte Erinnerungen in die Kugelschreibermine. Hier gab es die Kammerlichtspielen, wo wir bei schönen Filmen als Jugendliche viel Zeit verbrachten. Nach rechts geht es zur Sandower Straße mit den Straßenbahngleisen. Da befand sich das Moped- und Fahrradgeschäft ‘Start’, jetzt Bäcker Lohse. Nach zwei Jahren Wartezeit bekam ich endlich mein eigenes S 50 b, Preis 1 510 Ostmark. Ich hatte das von der Arbeit in den Ferien selbst erspart. Die Ausführung war nicht so spartanisch wie das S 50 N gebaut. Ich war stolz! Unter dem Zweiradladen befindet sich ein Gewölbe, jetzt Musikschule Bärwinkel. Dort probte ich 1978/79 mit einer Schülerband. Ich spielte Bassgitarre über ein altes, großes Röhrenradio als Verstärkerersatz. Die Technik auf grünem Rollfix schob ich auch zu den Auftritten. Weil wir alle Noten lesen konnten, spielten wir aus den Heften von den Phudys. Nach der Probe genossen wir links im Paulaner Bräu Bier und Bockwurst mit frischen Ostbrötchen, manchmal zusammen mit unserem Mentor, unserem Konzertmeister Siggi vom Staatlichen Orchester.“
Kurz fasst sich Reinhard Borrmann aus Cottbus: „Zwischen den beiden für den Abriss vorgesehenen Häusern geht es zur Ewald-Haase-Straße. Im Bild rechts waren noch die Nachtbar ‘Clou’ und die Kammerlichtspiele zu finden.“
Der Cottbuser Dieter Leubauer öffnet wieder sein Bildarchiv und schreibt: „Wir befinden uns im Herzen des alten Cottbus, am Oberkirchplatz / Ecke-Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße. An diesem geschichtsträchtigen Ort wurden erhaltenswerte Häuser saniert und auch Neubauten errichtet. Im Rahmen der Neugestaltung des Platzes waren 2018 Archäologen bei ihrer interessanten Tätigkeit zu sehen.
Ein Name aus jüngerer Vergangenheit wird mit diesem Umfeld in Verbindung gebracht: Ludwig Leichhardt, der in Australien verschollene Forscher, ging hier in der Nähe zur Schule. Nun, als Denkmal auf dem Oberkirchplatz, blickt er auf das ihn umgebende Treiben. An Marktagen wird es ihm wohl nicht langweilig sein.“
Klaus Reiter stellt fest: „Genau rechts neben den letzten Haus waren die ‘Kammerlichtspiele’, das ‘Clou’, der Musikladen und die Ritterklause. Das Bild muß etwa Mitte der 70er entstanden sein. Grundsteinlegung für das Wendenviertel war 1984. Im Vordergrund stand die alte Lateinschule, erbaut 1715 und seit 1937 Heimatmuseum. 1831 machte Leichhardt dort sein Abitur. Links war der Lebensmittelladen Bauer, daneben ein Zigarettengeschäft. Links nicht im Bild war der Altstoffhandel Glas-Rütz, dort habe ich mir oft alte Mosaiks rausgesucht. Um die Oberkirche führte nach rechts die Kleine Kirchstraße und nach links die Große Kirchstraße mit Holzpflaster. So störten die Fuhrwerke nicht den Gottesdienst.“
Für Günther Aschenbach ist „das aktuelle Bild schwer einzuordnen. A und C schließe ich aus, da ich keine markante Zuordnung finde. Ich meine, es ist der Oberkirchplatz. Die gezeigten Häuser stehen nicht mehr – mit einer Ausnahme. Am rechten Bildrand erkennt man große Bogenfenster, die ich dem Haus unmittelbar vor den ehemaligen Kammerlichtspielen/Clou zuordne. Als Beleg sende ich ein aktuelleres Foto dieses Hauses.“
Der Cottbuser Jens Pumpa schätzt ein: „An der Ecke zur Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße werden bald Wohnblöcke in DDR-gewohnter Plattenbauweise die Ansicht bestimmen. Mitte Juli 1984 wurde der Grundstein für das Wendische Viertel mit seinen Neubauten mit angepasster Fassadengestaltung gelegt. Die ersten Wohnungen wurden 1985 übergeben.“

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Nach archäologischen Grabungen bekam der Oberkirchplatz ein neues Aussehen. Ludwig Leichhardt bleibt jetzt ständiger Beobachter. Foto: D. Leubauer

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