Von 1917 bis 1996 kam von hier mit Nachkriegsunterbrechung Strom.
Unseren Spremberger Lesern war das Bild der dampfenden Kühltürme vertraut. Trattendorf, direkt an Brandenburgs südlicher Landesgrenze, ist heute Teil ihrer Stadt.
Die Geschichte des einstigen Energieriesen ist abenteuerlich. Manfred Gnida aus Spremberg führt aus „…Zwischen Trattendorf und Zerre begann 1915 der Bau als “Niederlausitzer Kraftwerks AG” und der erste Strom konnte 1918 geliefert werden. Ein Anschluß erfolgte an das LONZA-Werk in unmittelbarer Nähe liegend, aber auch weitverbreitend. In Verbindung mit erhöhter Stromlieferung,erfolgten auch Vergrößerungen der Produktionserzeuger und des Personals.1923 wurde die Eisenbahnlinie vom ehemaligen Südbahnhof über das Kraftwerk bis zur Grube “Brigitta” eröffnet, wo von dort die benötigte Kohle zum Betrieb für das Kraftwerk kam. Für die Beschäftigten wurden 1928 Wohnungen geschaffen, an die heute noch die Siedlungen “Glück Auf”, Steiger- und Knappenweg erinnern. Die Ära dieser Kraftwerkszeit ging zu Ende, als am 19. April 1945 das Werk durch die Rote Armee besetzt wurde und das beschlagnahmte Material unter strenger Aufsicht demontiert, verpackt und über die ehemalige Westbahn als Reparation abtransportiert wurde. Es erfolgte eine neue Zeit, als 1952 ein Beschluß für eine planmäßge Enerielieferung der DDR gefast wurde. Es beinhaltete auch ein Neu- bzw. Wiederaufbau des Kraftwerkes in Trattendorf und war Beginn vieler historischen Daten. Am 28.April 1954 begann ein Patenschaftsvertrag mit dem Ministerium für Schwerindustrie, wo der Neubau als “Bau der Jugend” erklärt wurde und in Folge zahlreiche Jugendliche hier eine interessante Arbeit fanden. Mir sind noch die ehemaligen Barackenlager in Erinnerung,aber auch die Kraftwerksküche, wo auch meine Mutter beschäftigt war, die Gaststätte “Friedensstrom”, das beheizte Schwimmbad und das Kulturhaus “Artur Becker” mit seinen unterschiedlichen Veranstaltungen. Als am 1. März 1954 der Grundstein für das Werk III. gelegt wurde, erfolgten in der ehemaligen Bauhülle auf der Ostseite der Spree umfangreiche Umbauten für einen Kraftwerksbetrieb. (…) 1957erfolgte der Bau eines neuen Stadtteils in der Nähe des Krafterkes für die Beschäftigten mit modernen Wohnraum, Verkaufsstelle, Dienstleistumgen, Kulturhaus u.s.w. und als Spremberg-Süd benannt ist. (…).“
Auch Heinz Bahrke aus Cottbus kennt das Kraftwerk „Ein eindeutiges Indiz für die Identifizierung als Kraftwerk Trattendorf liefen die beiden aus Ziegelmauerwerk bestehenden 110m hohen Schornsteine des Werkes III. Solche Schornsteine gab es weder in Schwarze Pumpe und noch in Vetschau. Mit etwas Fantasie kann man in der Bildmitte ein Flussbett erkennen, dass von der Brücke der Kohlebahn gekreuzt wird. Das ist die Spree, die das Kraftwerksgelände in Werk III und Werk I teilt. (…)
Im Vordergrund sind Baracken zu sehen, die zur damaligen Lehrwerkstatt gehörten. Als Schüler der Rosa-Luxemburg-Oberschule in Spremberg hatte ich dort polytechnischen Unterricht. Von 1969-71 war ich u.a. als Betriebsingenieur im Werk III beschäftigt. Mit dem damaligen Obermeister Kurt Kranig, der während des 2. Weltkrieges bereits im alten Großkraftwerk Trattendorf beschäftigt war, teilte ich das Büro. Er hat mir zur Geschichte des alten Kraftwerkes, dessen Demontage, zum Wiederaufbau und aus seinen umfangreichen Berufserfahrungen viel Wissen vermittelt. Vom Großkraftwerk Trattendorf wurden über eine 110000V Fernleitung Teile der Stadt Berlin mit Braunkohlestrom aus der Lausitz versorgt.
Bis 1945 war das Großkraftwerk Trattendorf mit 10 Maschinen in Betrieb. Es hatte den Krieg fast schadlos überstanden. Nach 1945 wurde es als Reparationsleistung zur teilweisen Wiedergutmachung der von der deutschen Wehrmacht verursachten Kriegsschäden fast vollständig demontiert und in die Sowjetunion abtransportiert. Es soll im Gebiet des heutigen Litauen wiederaufgebaut worden sein. 1954 wurde mit dem Wiederaufbau als VEB Kraftwerke „ Artur Becker“, Bau der Jugend begonnen. Auf dem Gelände des alten Kraftwerkes wurde das Werk III errichtet. Der Bau lief teilweise in „gleitender Projektierung“. Schaltskizzen für die Steuerung waren mit unter nur in den Notizbüchern der Monteure vorhanden. Zu Ehren von Stalins Geburtstag wurde die erste Maschine bereits am 21.12.54 mit provisorischer Dampfversorgung angefahren. 1957 war die Errichtung des Werkes III mit der Installation von 6 Maschinen mit 25 MW Leistung also insgesamt 150 MW abgeschlossen. Eine technische Besonderheit möchte ich noch erwähnen. Im Werk III erfolgte die Verbindung zwischen den Maschinentransformatoren und der entfernten 110 kV Innenraumschaltanlage bereits mittels 110 kV Öldruckkabeln. Durch den relativ hohen kapazitiven Ladestrom dieser Ölkabel hatte das Einfluss auf die Blindstromkompensation und musste bei Schalthandlungen beachtet werden. Elektrofachleute wissen worum es geht.
Mit der Errichtung des Werkes I, das auf den Fundamenten und der Bauhülle des bereits im Krieg begonnenen Werkes II aufgebaut werden sollte, wurde 1956 auf der östlichen Spreeseite angefangen. Es wurde 1960 im Endausbau mit 4x 25 MW Vorschaltmaschinen und 4x 50 MW Nachschaltmaschinen, als 300 MW installierter Leistung fertiggestellt. Die 2 Teilwerke hatten eine Gesamtleistung von 450 MW. Wegen Umwelt- und Wirtschaftlichkeitsproblemen wurde das KW Trattendorf 1996 abgeschaltet und anschließend abgerissen. Damit ging eine Kraftwerkstradition seit 1917 zu Ende. Heute befindet sich auf dem Gelände eine große Photovoltaikanlage.“ Jens Pumpa aus Cottbus kennt die bauliche Entwicklung des Kraftwerks und fügt folgende Zahlen an “[…] Für den Bau des Kraftwerkes Trattendorf mussten 93.000 Kubikmeter Erdreich ausgehoben sowie 32.000 Kubikmeter Betontrümmer und 124.000 Kubikmeter Ziegel des Altwerkes abgetragen werden. Für den Neubau wurden dann etwa 16 Millionen Ziegel, 170.000 Kubikmeter Beton und 44.000 Tonnen Zement verbaut.“
Wir danken Allen für die ausführlichen Berichte, die wir bedauerlicherweise kürzen mussten. Herr Heinz Bahrke gewinnt dieses mal unser NiederLausitz Buch.
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