Cottbus: Rathaus und Markt etwa um 1946

damals_120526_cbDas Rathaus – war es noch zu retten? / Fachleute meinen: Der Wiederaufbau einer Kopie wäre heute kein Problem
„Bei dem Gebäude auf dem Foto handelt es sich um A) das Alte Rathaus“, stellt Andreas Grundke richtig fest, und er fährt fort: „Dieses hätte sicherlich gerettet werden können, so wie es extrem traurig ist, dass so viel innerstädtische historische Bausubstanz in den 60er und 70er Jahren einfach geschleift wurde, um Platz für den ‘sozialistischen Realismus’ zu schaffen, den widersinniger weise heutzutage Nostalgiker und Denkmalschützer bewahren und wiederherstellen wollen. Schlimmstes Beispiel ist die Diskussion um die hässlichste freistehende Uhr der Geschichte. Ein weiteres Beispiel ist die Unterschutzstellung der sozialistischen Inneneinrichtung des Restaurants ‘Stadt Cottbus’, weil diese wahrscheinlich soooo ‘schön’ und Gäste vertreibend ist, was zu DDR-Zeiten durchaus erwünscht war. Warum wurde denn nach der Wende nicht der ganze Restaurantkomplex mit allen Salons unter Schutz gestellt, sondern aufgedröselt? Und konsequenterweise hätte man das ganze Gebäude wieder in den Zustand von vor 1938 versetzen müssen, als es noch das größte jüdische Kaufhaus in Cottbus war. Also Fragen über Fragen…“ In der Tat hat unser Leser wohl mehr Fragen und Thesen als Lösungsansätze. Und viele Cottbuser sind in diesen Dingen wirklich ratlos. Katrin Lehmann scheint sich sicher, wenn sie schreibt: „Das Alte Rathaus bestand aus drei Teilen. Markant: Der 43 Meter hohe Turm mit Haubendach, Laterne und offenem Glockengeschoß. Am 21. April 1945 erhielt es einen Bombentreffer und brannte aus.“ Der Bombentreffer scheint allerdings nicht eindeutig belegt, auch wenn in dem Heft „Cottbuser Blätter. Der Cottbuser Marktplatz“ von 2001 steht: „21.04.1945 – Wenige sowjetische Tiefflieger bereiten den Angriff auf die Stadt Cottbus vor und treffen mit Brandbomben das alte Cottbuser Rathaus…“ (Seite 19 des Heftes). Acht Seiten weiter vorn steht im gleichen Werk: „1945 – Zerstörung Rathaus während der Kampfhandlungen am 22. April.“ Einmal mehr verlassen uns hier die Stadtgeschichtlichen Sammlungen. Zeitzeugen-Aussagen, die jeweils versichern, es selbst erlebt zu haben, gehen weit auseinander. Manche sagen, das Rathaus sei beschossen worden und brannte dann, andere sprechen von Brandstiftung, um belastende Unterlagen zu vernichten. Nicht einmal der Abriss ist genau dokumentiert. Cottbuser Gleichgültigkeit in Angelegenheiten eigener Geschichte hat lange Tradition. Immerhin wissen wir seit den 1990er Jahren Genaues über den Zustand der Grundmauern des Rathauses. Und die Gestalter des heutigen Platzes haben sie respektvoll unversehrt belassen. Ein Wiederaufbau des Rathauses wäre heute kein Problem; vielleicht haben spätere Generationen ja Freude daran.
Diethart Schulz aus der Stadtpromenade hat das Alte Rathaus auch erkannt und notiert: „die Kriegsschäden waren so erheblich, dass es abgerissen wurde. Nach der Wende gab es Überlegungen, das Rathaus wieder zu errichten, die aber glücklicherweise dann verworfen wurden. So ist uns der Altmarkt in voller Größe und Schönheit in Cottbus erhalten geblieben.“
Otto Blunck hat die „immer noch ansehnliche wie aufbauwürdige Ruine“ des Rathauses identifiziert, und Karl-Heinz Schlodder, der Uhrenbaumeister dieser Stadt, richtet seine Aufmerksamkeit vor allem auf die Uhr. Sie hatte, was selten an Rathäusern vorkam, nicht nur charaktervolle Zeiger für Minuten und Stunde, sondern auch eine Anzeige des Mondstandes. Monika Schulz schließlich meint: „Es war tragisch, wie Kirchen und Rathaus, Krankenhaus und Bahnhof als Ruinen zurück blieben. Und Tausende waren ohne Obdach. Da war an die Erhaltung einer Rathausruine doch nie zu denken!“