Cottbus: Vom Grand-Hotel zum Postamt

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Vom Grand-Hotel zum Postamt

Genaue Erinnerungen an das Hotel hat Hannelore Flemming aus Cottbus. „Ich habe von 1953 bis 1955 hier Koch gelernt – damals hieß ich noch Hannelore Kirchner. Unsere Prüfung machten wir nicht im Weißen Ross, sondern in den Stadtsälen.
Das Weiße Roß war ein feines Haus. Fast alles wurde auf Silber serviert. Die Speisen waren natürlich sehr teuer, dafür wurde ohne Lebensmittelkarten bedient. Es gab Personal für das Kuchenbuffet, für kalte und warme Küche und Kellner natürlich. Die Oberkellner waren stets in Frack und Fliege gekleidet, wir trugen feine Hauben und Schürzen. Der Küchenchef war Gerhard Gleichma, Chef des Hauses war Klaus Mehlberg.
Wir Köche haben alles allein gemacht, vom Apfelmus bis hin zum Abziehen der Kaninchen. Auch Eis haben wir selbst produziert. Um zu lernen, wie man Blätterteig herstellt, waren wir einen Monat bei Lauterbachs in der Bahnhofstraße in der Lehre. Der Fisch schwamm damals in einem Bassin, denn es gab ja noch keine Tiefkühlräume. Erst nach der Bestellung wurde er gefangen und geschlachtet. Im Sommer, wenn hier wenig los war, mussten wir an der Ostsee helfen. Wir arbeiteten dort ohne freie Tage, aber erst ab mittags. Manchmal waren wir nach dem Dienst, nach Mitternacht, in der Ostsee baden. Im Frühjahr waren wir auf der Messe in Leipzig, natürlich auch ohne freie Tage. Mein erstes Lehrlingsgehalt waren 60 Mark, abzüglich 6 Mark für die Krankenkasse. Mehr als 72 Mark wurden es später nicht.“
Auch bei Joachim Skorna weckte das Bild Erinnerungen: „Das Gebäude gehörte baulich und erst recht mit den Inneneinrichtungen zu den schönsten der Stadt. Hohes Niveau der Gas-tronomie gab ihm einen Hauch von ‘Adlon’. Ich war als Schüler dort drinnen. Die herrlichen Leuchten und Möbel beeindruckten mich. Vergleichbares habe ich später nur in Moskau und Paris kennengelernt. Leider konnten nach dem Krieg nur die Reste der Restauration genutzt werden. Nach 1948 war im Rest der Gasträume die erste Gaststätte der staatlichen Handelsorganisation (HO), in der es Speisen ohne Lebensmittelmarken gab. Die Bockwurst kostete 5 Mark.“
Georg Müller ergänzt: „Seit mindestens vier Jahrhunderten war vor dem Stadttor Richtung Luckau das ‘Weiße Ross’ Schließlich erkühnte sich ein gewisser August Michlitz 1899 zum Bau eines großen Hotels im reichdekorierten Neurenaissance-Stil. Aber 1945 war alles zu Ende: stark kriegsbeschädigt wie links daneben das ehemalige Kaiserliche Post- und Telegrafenamt aus dem Jahre 1888 wartete der Ruinenstandort auf einen Neuanfang. 1955-57 entstand das jetzige Postgebäude; der Architekt Bergmann integrierte hofseitig die Bauhülle eines der beiden Saalanbauten des ehemaligen Hotels.“