Der Schnee-und-Regen-Maler Paul Crodel
Bilder aus dem alten Cottbus | Von CGA Verlag | 22. Juli 2022In kaum noch einem Werk der deutschen Kunstgeschichte ist im Alphabet zwischen Cranach und Dahli Platz für Paul Crodel. Der landschaftsbesessene Malprofessor, der vor allem in Süddeutschland wirkte, scheint vergessen. Nicht so in seiner Niederlausitzer Heimat. Erst 2020 titelte das Niederlausitz-Jahrbuch mit einem bemerkenswerten Gemälde des aus Cottbus stammenden Malers. „Frühjahrslandschaft mit Ochsenpflug“ lautet der Titel des 60 mal 80 Zentimeter großen Ölbildes, das unter graugelbem Wolkenhimmel einen gebeugten Bauern an altväterlichem Pflug, bespannt mit interessiert zum Betrachter und in die ferne Stadt im Hintergrund schauenden Rindviechern, zeigt. Der durchfurchte Sandweg, gesäumt von dürren Bäumen, führt, leicht mäandernd, nach – Cottbus. Kein Zweifel, Schlossturm und Oberkirche als Teile der schemenhaften Silhouette sind unverkennbar. Kunsthistoriker Siegfried Kohlschmidt hat das Bild aus einer privaten Cottbuser Sammlung dem Jahr 1885 zugeordnet, gemalt in Karlsruhe. Der noch in Ausbildung befindliche Maler erinnerte sich in der Ferne seiner Heimat.
Crodel ist am 7. September 1862, also vor 160 Jahren, in Cottbus geboren. In keinem der Adressbücher findet sich dieser Name, denn er entstammt der Kaufmannsfamilie Cohn, die in der Spremberger Straße, der Neustädter Straße und später der Kaiserstraße unterschiedlichste Firmen betrieb. Einer dieser angesehenen Herren war auch Stadtrat. Dessen Sohn Paul Eduard begab sich 1882 zum Studium der Malerei an die Großherzogliche Kunstschule nach Weimar, später zu Hermann Baisch nach Karlsruhe, einem herausragenden Meister und Lehrer der Landschaftsmalerei. Hier lautete der Künstlername schon Crodel.
1888 ging er nach München und erwarb sich als Freilichtmaler unter Kollegen schnell den Namen „Schnee-und-Regen-Crodel“, was die bevorzugten Sujets seiner Kunst charakterisiert: Winter- und Schneelandschaften, vielfach in gedämpfter Farbgebung. Crodel wurde Mitbegründer der Münchener Sezession. Seine Bilder sind in den Kunstsammlungen Weimar, in der Nationalgalerie Stockholm, der Pinakothek und Sezessionsgalerie München bewahrt, zu sehen waren sie im Münchener Glaspalast, in Düsseldorf, in Venedig und auch in den Dresdener Kunstsammlungen. 1909 erhielt er eine Goldmedaille auf der Internationalen Kunstausstellung in München.
In Cottbus waren Crodels Bilder im Juni 1910 in einer Ausstellung der Münchener Künstler-Vereinigung „Der Ring“ zu sehen. Dazu erschien auch ein gedruckter Katalog. Das Bild „Apriltag“ gelangte 1918 in städtischen Besitz. Prof. Paul Crodel starb am 28. 7. 1928; sein Grab ist in Berlin erhalten. H.
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