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Eine Grußkarte als Rätsel-Irrläufer

Damals war´s | Von | 12. August 2022

Postkarte

Diese Postkarte könnte aus Niemtsch im Seenland stammen.

Region. Wieder einmal bereitet uns eine hübsch anzusehende Lithografie aus der Kaiserzeit Kopfzerbrechen. Ein Sammler hat sie uns als Gruß aus NIEMITSCH mit einer Reihe weiterer Motive aus dem Seenland gesandt.
Aber Matthias Gleisner aus Senftenberg, Autor des heimatkundlichen Formats www.gruss-aus-senftenberg.de, klärt uns auf: “Wahrscheinlich hätten Sie den Namen des gesuchten Ortes, anstatt ihn auf den Anfangs- und Endbuchstaben zu reduzieren, auch gänzlich auf der historischen Ansichtskarte belassen können. Fragende Blicke der Leser wären Ihnen trotzdem garantiert. Warum? Auf der Karte ist Niemitsch angegeben. Ja ich gebe zu, zuweilen wurde auf Ansichtskarten, aber auch in der damaligen Presse, das kleine Dorf Niemtsch bei Senftenberg, welches Sie mutmaßlich als Lösung ansehen, auch mit Niemitsch, also mit eingeschobenem „i“ bezeichnet. So weit ist noch alles im Rahmen. Das Problem ist nur: Niemtsch hat keine Kirche. Und hatte nie eine. Die beiden Ansichten auf der Karte können also nicht aus Niemtsch im Seenland stammen. Als Ansichtskartensammler, der wie ich, seit Jahren den engeren Senftenberger Raum beackert, kommt man hin und wieder an solchen ‘falschen Fuffzigern’ vorbei. Mögen es Exemplare aus dem österreichischen oder tschechischen Senftenberg sein, Buchwalde gibt es auch mehrfach. Oder eben Niemitsch. Im vorliegenden Fall handelt es sich vermutlich um Niemitzsch östlich von Guben, welches seit Ende des 2. Weltkriegs zu Polen gehört und nun Polanowice heißt. Dort gibt es laut Internetrecherche zwar keine Kirche (mehr) aber für das Erscheinen des Gotteshauses auf der historischen Ansichtskarte gibt es sicher eine Erklärung, die Experten für diese Gegend beisteuern könnten.
Fazit: Auch wenn ich mir nicht wirklich sicher bin, aus welchem Niemitsch die Karte nun tatsächlich stammt – „mein“ Niemtsch bei Senftenberg ist es nicht. Aber vielleicht zählen Sie ja Polen noch zum Cottbuser Umland. Dann wäre C richtig. Vermutlich sind Sie aber nur einem Irrtum aufgesessen, wie so manch anderer vor Ihnen.”
Dieses Rätselbild bleibt also rätselhaft, zumal dem Ortsnamen in der gezeichneten Papierfahne die Buchstaben “N.L.” (für Nieder-Lausitz?) angefügt scheinen. Der Druck ist nicht ganz sauber. Das könnte auch M.L.(?) heißen.
Zum erwähnten Niemitzsch bei Guben: Das ist ein sehr kleiner Ort, vor 100 Jahren noch als Rittergut, später nur noch als Forstgutsbezirk bezeichnet. Ihm geht aber eine spektakuläre Frühgeschichte voraus. Schon in der Spätzeit der Lausitzer Kultur, also etwa 500 v. Chr., wurde nördlich vom heutigen Dorf eine Burg angelegt, die von den Skythen (Reiternomaden aus eurasischen Steppen) erobert und als Befestigung genutzt wurde. Noch um das Jahr 1 000 war “burgwardium Niempsi” Mittelpunkt eines Siedlungsgebietes oder auch “heiligen Landes” zwischen Lubst und Lausitzer Neiße und eine der wenigen deutschen Burgen in dieser Gegend. Reste vom abgetragenen Burgwall sind noch zu erkennen, und das Gold der Skythen, das unweit südlich bei Vettersfelde gefunden wurde, gehört heute zu den Reichtümern des Historischen Museums in Berlin.

Kirche in Niemitzsch/Palanowice bei Guben

In den Jahren 1738/40 errichtete Kirche in Niemitzsch/Palanowice bei Guben

Und tatsächlich, Gert Richter aus Alt-Deulowitz, bestätigt die Vermutung um welches Niemitzsch es sich handelt: “Es handelt sich hier um einen Gruß aus Niemitzsch, südlich von Guben; heute Polanowice. Der Lithograf schaut auf der Reichsstraße 112 – sie führte bis 1945 von Guben bis Strega/Briesnig östlich der Neiße entlang in Richtung Guben – zum Ort. Rechts das Haus mit dem Giebel zur Straße und den anschließenden geklinkerten Wirtschaftsgebäuden gehörten zu meines Vaters Hof; die Gebäude stehen teilweise noch. Die eigentliche Dorfstraße ging vor Donath’s Gasthof links rein Richtung Ortsmitte zur Kirche. Die war weithin ihrer Form wegen als ‘Milchflasche’ bekannt. In der Zeit vom 18. Februar bis 24. April 1945, als größtenteils die Neiße bei Guben die Frontlinie bildete, hatten die Russen im Turm einen Artillerie-Beobachter mit sMG stationiert, der von der Wehrmacht beschossen wurde und die Kirche beschädigte.
Sie wurde von den Polen nach 1945 abgerissen; an ihrer Stelle haben steht eine Marien-Statue. Gegenüber liegt der vor zwei Jahren sanierte Dorfteich. Niemitzsch ist das älteste Dorf der Niederlausitz. Gander vermutete, dass seine Geschichte bis in die Bronzezeit zurückreicht und der Heilige Anger, ein Hügel, 65 m vor der Neiße gelegen, um 500 v. Chr. von den Skyten (Goldschatz von Vettersfelde) erobert wurde. Ausgrabungen von 1820 und 1874 bestätigen eine frühe Besiedlung. Bereits in einer Urkunde Kaiser Otto III vom Jahr 1000 wird der Verwaltungsbezirk Niepsi als Stadt- und Burgward-Mittelpunkt genannt; auf einer Karte von 965 gab es Guben, Cottbus und Forst nicht; dafür aber Niempsi und Prebuz, das spätere Pribus. Ab ca. 1170 nahm die Bedeutung von Niemitzsch zu Gunsten von Guben ab, da in Folge der Klostergründung Leubus Siedler aus dem Westen nach Schlesien gerufen wurden und das Straßenkreuz Guben mit Salzniederlassung passierten. Da es 1429 noch befestigt war, fanden die Nonnen des Benediktinerinnenklosters vor Guben dort vor den Hussiten Schutz.”

 

 

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Zu der Annahme, dass es sich um das heutige Polanowice handelt würde auch diese Seite passen, sofern die Quelle korrekt ist.
https://m.facebook.com/photo.php?fbid=798891750215486&id=761224653982196&set=a.991471920957467&source=43&refid=13&__tn__=%2B%3E


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