Zum Foto gab es viele richtige Vermutungen, manche ließen sich auch anregen, Erinnerungen auszugraben. So zum Bespiel Ulrich Buder aus der Hubertstraße in Cottbus. Er schreibt: „Das ist eindeutig Guben mit der Neiße aus alten Tagen! Auf der anderen Seite das polnische Ufer. Gleich muss ich an den Polenmarkt zu tiefsten DDR-Zeiten denken, welcher im Vergleich zu heute sehr spartanisch ausfiel. 1972 kaufte mir meine Mutter im ‘konsument’-Warenhaus in Cottbus von ihrem schwer Ersparten ein rosafarbenes 28er Diamant-Sportrad mit Rücktrittnabe. Neupreis 336 Ostmark! Als 12jähriger erkundete ich mit dem Fahrrad die Umgebung. Da meine Mutter und ich so gerne Schokolade aßen, traute ich mich, auch mit dem Fahrrad nach Guben zu fahren. Und dann auch immer öfter. Hin und zurück ca. 70 Kilometer laut dem Kilometerzähler. An der Grenze musste man noch den blauen DDR-Personalausweis vorzeigen. Nicht weit von der Grenze gab es einen Süßigkeitsladen – prall gefüllt. Dort kaufte ich mehrere Schokoladen, die ganz groß und dick gefüllt waren. Total lecker! Dazu noch mehrere große runde Lutscher mit Motiv. Die gingen dann in der 12. Oberschule weg wie warme Semmeln. Einmal hatte ich Glück und bekam eine gusseiserne Zündplättchen-Pistole, mit der man auch Pappknallkorken abfeuern konnte. Alles harmlos, aber barbarisch laut. Solche Waffen hätte eigentlich auch nur der Putin bekommen dürfen, dann gebe es jetzt keinen Schaden!“
Sabine Mischok aus der Sanzebergstraße in Cottbus legt ihre Erinnerungen in Reimform dar. Sie lautet so: „Guben und die Neißebrücke erkennt man schnell, / mitten Cafe Schönberger und das Central-Hotel. / Rechts hinten sind Schützeninsel mit Stadttheater zu sehen, / ins linke Haus konnte man zu Pahms-Elektro gehen.“
Knapp und sachlich formuliert hingegen Bernd Hunger aus der Kaltenborner Straße in Guben seine Antwort: „Es handelt sich um Guben – Blick auf das Kaffee Schönberger, im gleichen Gebäude befand sich auch das Central-Hotel. Heute sind im rekonstruierten Haus die Diensträume von Polizei und BGS.“
Weitaus ausführlicher schildert Arno Schulz aus Guben die Bildsituation: „Wir sind wieder in Guben an der Neißebrücke. Das 1905 errichtete Gebäude des ehemaligen Hotel ‘Central’ und dem ‘Caffee Schönberger’, welches im Mittelpunkt des Bildes zu sehen ist, hat den Krieg und die Brückensprengung überstanden und wurde nach dem Krieg als Wohnungen, Fotoatelier, Konditorei, Lebensmittelladen usw. genutzt. Später war es Grenzkontrollpunkt der Grenztruppen, dann genutzt vom Bundesgrenzschutz und Zoll, heute unter anderem Polizeiwache. Der Turm wurde bei Instandsetzungsarbeiten entfernt. Rechts im Hintergrund das 1874 erbaute ehemalige Gubener Theater, das nach dem Krieg einer Brandstiftung zum Opfer fiel. Links das kleine Gebäude war der Kiosk des Verkehrsvereins. Es wurde im Krieg zerstört, wie auch das angrenzende UFA-Kino. Seit 1996 verläuft hier die Grenzzufahrt über die Gubiner Straße nach Polen. Direkt am Ufer ist die neu gestaltete Neißepromenade. Links in dem großen Wohn- und Geschäftshaus von 1891 war jahrelang das Geschäft der Firma Elektro-Pahms ansässig.“
Gute Eindrücke vermittelt auch Klaus Reiter aus Cottbus: „Wir sind an der Neiße und sehen das herrliche Gebäude ‘Café Schöneberger’ mit Zentralhotel. 2001 wurde es komplett rekonstruiert. Wir sind hier auf dem Lohmühlenweg und rechts ist ein Stück der großen Brücke zusehen, 1872 war es noch eine Holzbrücke, die dann 1923 als Stahlbrücke mit Wehren gebaut wurde. Rechts hinten ist die Schützenhausinsel mit dem Theater. Links im kleinen Kiosk war der Gubener Verkehrsverein. Im großen Haus dahinter befand sich ein Tabakladen, nach 1945 war dort Pahms Elektrohaus, Uhrmacher Worbs, Spielwarenladen, Gaststätte Zur Traube und der Modeladen Kaiser. Der Name des Weges kommt übrigens von der Lohmühle, die bis 1864 dort stand. Dort befand sich die Lohgerber- und Schuhmacherinnung.“
Genaueres weiß auch Jens Pumpa aus der Rostocker Straße in Cottbus. Er ergänzt: „Man sieht die große Neiße-Brücke mit Beginn der Frankfurter Straße und blickt in die Alte Poststraße. Das Gebäude in der Mitte des Bildes ist das Central-Hotel. Das bis heute verheerendste Neiße-Hochwasser suchte im Februar 1897 Guben heim und unterspülte das im Jahr 1830 erbaute Hotel Prinz Karl von Preußen, das abgerissen werden musste. Stattdessen entstanden im Jahr 1905 das Central-Hotel und das Café mit Konditorei Schönberger, in einem Haus. Die Hotelbesitzer waren Klara Bretschneider und ihr Mann Max.“
Renate Uhlmann mailt: „Zunächst vermutete ich Forst, aber dann entschied sich die Familie für Guben, weil wir meinten, im Hintergrund das einstige Theater zu erkennen. Wir legten unseren Wochenend-Ausflug nach Guben, einschließlich Gubin (sehr zu empfehlen) und sahen, dass dieses Haus teilweise noch vorhanden ist. Allerdings gefällt uns die glättende Sanierung gar nicht. Wer Moderne will, findet gerade hier in Guben genug Leerstellen. Die wenigen erhaltenen ehrwürdigen Häuser sollten ihren Originalzustand bekommen. Das ist heutzutage gut möglich und wird in vielen Städten massenhaft praktiziert. Warum also nicht in Guben.“
S. Sachse schreibt: „Das Wort ‘Conditorei’ lässt sich gerade noch entziffern an der eleganten Ecke, und man möchte hineingehen, Kaffee und Torte bestellen und ein wenig in der (alten) lokalen Zeitung blättern. Mir kommt bei diesem Bild die Stimmung der feinen Gesellschaft aus dem Gubener Roman ‘Die guten Jahre’ in den Sinn. Der Schriftsteller Klaus Hermann, der hier lebte, hatte im April den 50. Todestag. Ein wichtiger Teil seiner Romanhandlung findet gerade in der Straße statt, die hier im Bild ihren Anfang nimmt. Es war doch eine feine Stadt, das frühere Guben.“
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